Cybersicherheit

Elektronikmarkt muss nicht auf Sicherheitslücken von Smartphones hinweisen

Datensicherheitsexperten raten vom Gebrauch gesundheitsbezogener Apps auf unsicheren Altgeräten ab. Die Verantwortung lässt sich nicht auf Elektronikmärkte abschieben.

Veröffentlicht:

Köln. Ein Elektronikmarkt muss nicht auf Sicherheitslücken und fehlende Updates des Betriebssystems der von ihm verkauften Smartphones hinweisen. Das hat das Oberlandesgericht Köln (OLG) entschieden und eine klageabweisende Entscheidung des Landgerichts Köln bestätigt.

Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen hatte bei dem beklagten Elektronikmarkt Testkäufe durchgeführt und die erworbenen Smartphones von Experten des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) auf Sicherheitslücken untersuchen lassen. Eines der Geräte wies 15 von 28 getesteten Sicherheitslücken auf, ein anderes nur eine Sicherheitslücke, obwohl bei beiden Geräten nominell dieselbe ältere Version des Betriebssystems Android werksseitig aufgespielt war, so das OLG in einer Mitteilung vom Donnerstag.

„Eklatantes Sicherheitsrisiko“

Hintergrund ist, dass das Betriebssystem vom jeweiligen Hersteller auf das jeweilige Smartphone-Modell angepasst wird und auch neue Versionen des Betriebssystems erst genutzt werden können, wenn die neue Version des Betriebssystems zuvor für das jeweilige Modell des Smartphones angepasst wurde. Das BSI gelangte zu der Einschätzung, dass das Gerät mit den 15 Sicherheitslücken für die Nutzer ein eklatantes Sicherheitsrisiko darstelle.

Nachdem sich das BSI erfolglos an den Hersteller gewandt hatte, verlangte der Kläger vom Betreiber des Elektronikmarkts, die Geräte nicht weiter ohne Hinweis auf die Sicherheitslücken zu verkaufen. Die in der Folge erhobene Unterlassungsklage haben Landgericht und Oberlandesgericht Köln abgewiesen.

Sicherheitslücken nur durch Tests feststellbar

Es stelle für die Beklagte einen unzumutbaren Aufwand dar, sich die Informationen über Sicherheitslücken für jedes einzelne von ihr angebotene Smartphone-Modell zu verschaffen. Zwar sei die Information über das Vorliegen von Sicherheitslücken für die Verbraucher von großer Bedeutung, da hierdurch die Privatsphäre der Verbraucher verletzt und erlangte Daten zu betrügerischen Zwecken missbraucht werden könnten.

Es sei aber auch zu berücksichtigen, dass die Beklagte die Sicherheitslücken nur durch Tests feststellen könne, welche sich auf den jeweiligen Typ des Smartphones beziehen müssten. Auch sei es nicht möglich, alle vorhandenen Sicherheitslücken festzustellen. Alle Anbieter von Betriebssystemen würden selbst immer wieder – teilweise erst aufgrund von Angriffen durch Dritte – Sicherheitslücken im Betriebssystem finden.

Schließlich könnten sich die feststellbaren Sicherheitslücken jederzeit ändern, so dass die Beklagte die Tests in regelmäßigen Abständen wiederholen müsste. Nichts anderes gelte für die Information über die Bereitstellung von Sicherheits-Updates. Ob für ein konkretes Modell noch Sicherheits-Updates bereitgestellt würden, sei der Beklagten zum Zeitpunkt des Verkaufs in der Regel nicht bekannt.

Information kann sich täglich ändern

Sie habe auch keine Möglichkeit, diese Information ohne ein Zutun der Hersteller zu erlangen. Allein der Hersteller entscheide, ob und wann er ein Sicherheits-Update für das jeweilige Smartphone-Modell anpasse. Auch hier könne sich die entsprechende Information täglich ändern, zumal auch dem Hersteller nicht bekannt sei, ob und wann ein Sicherheits-Update, das von ihm angepasst werden könnte, veröffentlicht wird. Der Senat hat die Revision nicht zugelassen.

Wie Datensicherheitsexperte Tim Berghoff vom Anbieter G-DATA am Donnerstag im Gespräch mit der „Ärzte Zeitung“ betonte, sollten Patienten, die auf ihren Smartphones Gesundheits-Apps laufen lassen wollen und die Daten auch mit ihren Ärzten teilen wollten, lieber auf neuere Smartphone-Modelle ausweichen. Diese böten einen höheren Schutz vor dem Eindringen Cyberkrimineller – und damit auch vor dem Ausspähen entsprechender, persönlicher Gesundheitsdaten. (maw)

Oberlandesgericht Köln, Az.: 6 U 100/19

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