Schweigen ade

Fehlermeldesysteme punkten

Die Deutsche Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin zieht eine Erfolgsbilanz für ihr Fehlermeldesystem CIRS-AINS. Benutzer lernen aus den (Beinahe)-Fehlern ihrer Kollegen und erhöhen so die Patientensicherheit.

Matthias WallenfelsVon Matthias Wallenfels Veröffentlicht:
Die Meldung eines Beinahefehlers bei einem CIRS soll für Ärzte sanktionsfrei sein.

Die Meldung eines Beinahefehlers bei einem CIRS soll für Ärzte sanktionsfrei sein.

© DDRockstar/fotolia.com

BERLIN. 97 beteiligte Kliniken und 4000 veröffentlichte Berichte, diese Bilanz zieht die Deutsche Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin (DGAI) anlässlich des fünfjährigen Bestehens ihres Fehlermeldesystems CIRS-AINS.

Seit dem Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) vom Januar 2014 sind Fehlermeldesysteme ein verpflichtender Bestandteil des klinischen Risiko- und Qualitätsmanagements in deutschen Krankenhäusern.

Mittels eines Critical Incident Reporting System (CIRS) können sicherheitsrelevante Ereignisse anonym von Mitarbeitern gemeldet werden. Die enthaltenen Informationen werden systematisch erfasst und analysiert.

Das Modellprojekt CIRSmedical Anästhesiologie (CIRS-AINS), laut DGAI eine der größten fachspezifischen Plattformen in Deutschland, sei aus der Zusammenarbeit der Gesellschaft mit dem Berufsverband Deutscher Anästhesisten (BDA) und dem Ärztlichen Zentrum für Qualität in der Medizin (ÄZQ) entstanden. Online gegangen ist CIRS-AINS bereits vor fünf Jahren.

1200 Fehlerberichte ausgewertet

Wie die DGAI anlässlich ihres am Donnerstag in Berlin startenden 17. Hauptstadtkongresses für Anästhesiologie und Intensivtherapie (HAI) mitteilt, seien rund 1200 der oben erwähnten, auf der Plattform CIRS-AINS 4000 veröffentlichten Berichte durch ein BDA/DGAI-Expertenteam analysiert worden.

Zudem hätten sich die Besucherzahlen seit dem Start nahezu vervierfacht. "In der Anästhesiologie setzen wir uns mit Weitsicht für Risikoprävention ein und haben in den letzten Jahrzehnten eine Schlüsselrolle bei der Optimierung der perioperativen Patientensicherheit eingenommen", erklärte Professor Thea Koch, Präsidentin der DGAI.

CIRS-AINS ist Teil des Netzwerkes CIRSmedical.de, das vom G-BA als qualitativ hochwertiges Fehlermeldesystem bewertet wurde. Das Modellprojekt zeichne sich vor allem durch Maßnahmen aus, die ein kollektives, bundesweites "Lernen aus Fehlern" ermöglichten:

So würden die Meldungen systematisch von einem Expertenteam ausgewertet und - mit Verbesserungsvorschlägen ergänzt - veröffentlicht. Zudem werde einmal monatlich ein exemplarischer Fall aus anästhesiologischer und juristischer Sicht ausführlich vorgestellt ("Fall des Monats").

Des Weiteren werden laut DGAI regelmäßig Fälle aufgearbeitet, die in ähnlicher Form mehrfach gemeldet wurden ("CIRS-AINS Spezial"). In keinem anderen deutschsprachigen System werde eine derartig diversifizierte Lernfunktion angeboten, wie die Gesellschaft betont.

"Es ist gelungen, ein reines Fehlermeldesystem zu einem Berichts- und Lernsystem mit hohem Mehrwert und Vernetzungsgrad weiterzuentwickeln. Die Patientensicherheit kann so aktiv und nachhaltig gesteigert werden", erläutert der diesjährige HAI-Kongresspräsident Professor Kai Zacharowski.

Grundprinzip des Meldesystems sei nicht "wer", sondern "was" den (Beinahe-)Fehler verursacht habe. Nur durch die Meldung sicherheitsgefährdender Umstände und Bedingungen könnten deren Ursachen analysiert und systematisch behoben werden.

CIRS-AINS sei in den vergangenen Jahren, beispielweise durch Fallvorstellungen und Analysen, zunehmend zum gemeinsamen Lernen in anästhesiologischen Abteilungen und Klinken verwendet worden.

"Fall des Monats" Publikumsmagnet

Seit dem Start des Berichts- und Lernsystems 2010 hätten sich die Besucherzahlen von 6174 auf 22.627 im Jahr 2014 nahezu vervierfacht. Die "Fälle des Monats" seien dabei inhaltlich am häufigsten frequentiert worden.

Doch auch Organisationen wie BDA und DGAI lernen nach eigener Aussage aus den eingehenden Meldungen und lassen die gewonnenen Erkenntnisse in Entschließungen und Empfehlungen einfließen. Das trage seinerseits auch zur Optimierung der Patientensicherheit in der Anästhesiologie bei.

Zusätzlich unterstütze die DGAI das gemeinsame Lernen auch interdisziplinär: CIRS-AINS, das anfänglich nur in Kliniken initialisiert war, sei zunächst auf den ambulanten Bereich, und dann abteilungs- respektive einrichtungsübergreifend auf die komplette Institution ausgeweitet worden.

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