Urteil

Für Klinik-Rufbereitschaft sind Sozialabgaben fällig

Ein Krankenhaus, das einen niedergelassenen Arzt in seinen Bereitschaftsdienst einbindet, muss auch Sozialbeiträge abführen. Das hat das Landessozialgericht Baden-Württemberg entschieden.

Martin WortmannVon Martin Wortmann Veröffentlicht:
Binden Kliniken niedergelassene Ärzte in ihre Rufbereitschaften ein, so handelt es sich hierbei um eine abhängige Beschäftigung.

Binden Kliniken niedergelassene Ärzte in ihre Rufbereitschaften ein, so handelt es sich hierbei um eine abhängige Beschäftigung.

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STUTTGART. Binden Kliniken niedergelassene Ärzte in ihre Rufbereitschaften ein, so handelt es sich hierbei um eine abhängige Beschäftigung, die dementsprechend sozialversicherungspflichtig ist. - So hat das Landessozialgericht Baden-Württemberg in einem aktuell veröffentlichten Beschluss entschieden.

In der verhandelten Streitsache ging es um einen Facharzt für Allgemein- und Kinderchirurgie. Er war bis November 2012 an der Uniklinik Freiburg zunächst angestellt beschäftigt. Danach machte er sich als niedergelassener Arzt mit eigener kinderchirurgischer Praxis selbstständig.

Mit der Uniklinik schloss er aber einen Vertrag über seine Einbindung in die Rufbereitschaften, insbesondere an Wochenenden, Feiertagen und Brückentagen. Tatsächlich arbeitete er an ein bis zwei Wochenenden pro Monat durchgehend von Freitagnachmittag bis Montagfrüh in der Klinik.

Selbstständig oder eingegliedert?

Laut Vertrag sollte der Chirurg seine Leistungen "selbstständig und höchstpersönlich" erbringen, seine Arbeit dabei aber so einrichten, "dass seine Tätigkeit sich sinnvoll in die Aufgaben und in den Arbeitsablauf" der Klinik "eingliedert".

Er konnte Räume, Geräte, EDV und Personal der Klinik nutzen; für die Nutzung eigener Geräte stand ihm keine gesonderte Vergütung zu. Vergütet wurde er auf Stundenbasis "entsprechend den tariflichen Bestimmungen" wie ein Oberarzt, mit einem Zuschlag von 12,5 Prozent.

Bei der Rentenversicherung beantragte der Chirurg die Feststellung, dass ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis nicht vorliegt. Die Rentenversicherung stellte dementgegen aber doch ein sozialversicherungspflichtiges, abhängiges Beschäftigungsverhältnis fest.

Dagegen klagte die Klinik mit der Begründung, es handle sich hier um eine freiberufliche Tätigkeit auf Honorarbasis.

Wie zuvor schon das Sozialgericht Freiburg wies nun auch das Landessozialgericht Baden-Württemberg die Klage ab. Der Arzt sei in den Betrieb der Uniklinik eingegliedert und letztlich auch weisungsabhängig. So diene der Vertrag der "Einbindung" in die Rufbereitschaften, die Arbeit habe "in enger Abstimmung" mit den verantwortlichen Ärzten zu erfolgen.

Was Absicht war, spielt keine Rolle

Letztlich werde der Chirurg von diesen Kollegen auch kontrolliert. Bei seiner Tätigkeit nutze er die Infrastruktur der Klinik und müsse dieser alle Unterlagen und Befunde zur Verfügung stellen. Der Vertrag formuliere sogar wörtlich, dass sich die Tätigkeit in die Abläufe der Klinik "eingliedert".

Bei einer derartigen Einbindung des Arztes in die Strukturen der Klinik liege ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis vor. Dass sowohl Arzt als auch Klinik jedenfalls nach Klinikangaben beide eine freiberufliche Tätigkeit intendiert hatten, spiele keine Rolle, betonte das LSG in seinem jetzt schriftlich veröffentlichten Beschluss.

Ob der Chirurg wegen einer Mitgliedschaft in der berufsständischen Ärzteversorgung von der Rentenversicherungspflicht befreit werden kann, entschied das Landessozialgericht nicht. Einen entsprechenden Antrag hatte der Arzt auch nicht gestellt.

Landessozialgericht Baden-Württemberg Az.: L 4 R 1001/15

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