Grönland, Samoa, Dithmarschen - die Karriere eines Hausarztes

Nach Stationen rund um den Globus lässt sich Dr. Gerrit Tarrach als Landarzt in Dithmarschen nieder - zur Freude der Bewohner.

Dirk SchnackVon Dirk Schnack Veröffentlicht:
Die Weltkarte erinnert Gudrun und Dr. Gerrit Tarrach an die zahlreichen Stationen auf der Erde, die das Ehepaar durch seine Arbeit kennengelernt hat.

Die Weltkarte erinnert Gudrun und Dr. Gerrit Tarrach an die zahlreichen Stationen auf der Erde, die das Ehepaar durch seine Arbeit kennengelernt hat.

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ST. MICHAELISDONN. Die Praxisräume in St. Michaelisdonn werden noch renoviert. Schon vor seiner ersten Sprechstunde aber hat Dr. Gerrit Tarrach Anfragen von Patienten, die gerne in seiner Kartei aufgenommen werden möchten - ein erster Vorgeschmack auf die hohe Nachfrage nach ambulanten ärztlichen Leistungen in der Region Dithmarschen.

Dort finden Landärzte nur noch schwer Nachfolger. Auch in St. Michaelisdonn hat ein Arzt ohne Nachfolger aufgehört, ein zweiter geht in Kürze in Ruhestand. Ohne Tarrach wären eine Einzel- und eine Doppelpraxis übrig geblieben für eine Region, die mehr Ärzte benötigt.

Tarrach und seine Frau Gudrun wissen um die damit verbundene Herausforderung und gehen optimistisch in den Niederlassungsstart. "Wir sind Arbeit gewöhnt und es wird funktionieren und Spaß machen", sagt das Ehepaar.

Die gelernte Krankenschwester wird in der Praxis mitarbeiten und führt die Einstellungsgespräche für angehende Mitarbeiter. Klar ist beiden, dass ihr Arbeitstag begrenzt ist und sie dies den Patienten deutlich sagen werden.

Probleme werden die Dithmarscher damit nach ihrer Beobachtung nicht haben: "Hier setzt man auf ein klares Wort und ist direkt, das gefällt uns", so Tarrach, der wie seine Frau aus Nordrhein-Westfalen stammt. Sollte auch das klare Wort nicht helfen, kommen ihnen fünf Kilometer Entfernung zwischen Wohn- und Praxisort entgegen.

Der Kontakt zur deutschen Heimat ist immer geblieben

Die Tarrachs haben ganz bewusst keine kombinierte Wohn- und Praxisimmobilie übernommen, sondern mieten eine Praxis. Wohnen werden sie weiterhin im benachbarten Eddelak, wo sie seit Jahren ein Haus besitzen. Mit diesem Abstand hoffen sie auf Ruhe am Feierabend.

Das Haus in Eddelak ist der Grund, weshalb die Region sich über einen neuen, wenn auch nicht mehr ganz jungen Hausarzt freuen kann. Hier haben die Tarrachs zuvor Urlaub gemacht und sich schließlich das Haus zugelegt - als Weltenbummler verloren sie so nie den Kontakt nach Deutschland.

Arzt arbeitete lange in einer Poliklinik in Schweden

Der inzwischen 50-jährige Tarrach und seine Familie entschlossen sich Ende der neunziger Jahre zum Auswandern - damals war ein Ärztemangel in Deutschland noch nicht in Sicht. In Schweden fand er in einer Poliklinik Bedingungen vor, von denen die Tarrachs noch heute schwärmen.

Ein Beispiel: Als der Arzt seinen ersten Jahresurlaub einreichte und um drei Wochen am Stück bat, wurde sein Chef nachdenklich. Er fragte sich nicht etwa, wie er Tarrach drei Wochen lang ersetzen sollte, sondern machte sich Sorgen, ob der sich in drei Wochen auch genügend erholen würde. Dem Chef schienen vier Wochen am Stück angebracht.

Jede Überstunde im Dienst konnte Tarrach anrechnen und für Urlaub ansparen lassen. Freistellungen für längere Auslandsaufenthalte? Kein Problem. Die Tarrachs nutzten das - aus einer reisefreudigen Familie wurden Weltenbummler, die aus ihrem Haus in Schweden, wo keine Nachbarn in Sichtweite wohnten, immer wieder in ferne Länder aufbrachen.

Die Neu-Dithmarscher haben alle Kontinente bereist und unter anderem in Grönland und in der Südsee gearbeitet. Dort war Tarrach für ein halbes Jahr auf der Inselgruppe Tokelau Arzt für 400 Einwohner. Ohne Helikopter, ohne Wasserflugzeug.

Nur ein Boot stand als Verbindung nach Samoa zur Verfügung, dies allerdings auch nur unregelmäßig und abhängig vom Wetter. Tarrach war in dieser Zeit ausschließlich auf sein Wissen und Können angewiesen. Beeindruckt ist das Ehepaar bis heute von der Gelassenheit, mit der am anderen Ende der Welt selbst Schicksalsschläge verkraftet werden.

In Dithmarschen könnte er Wurzeln schlagen

Der weite Weg von Schweden über die Südsee und Grönland bis nach Dithmarschen hat sich nach Einschätzung der Tarrachs gelohnt. Auf den verschiedenen Stationen haben sie wertvolle Eindrücke gesammelt.

Aber auch der bisherige in Dithmarschen ist für sie rundum positiv: "Die Menschen hier sind nicht so förmlich. Alles erscheint unkompliziert und unaufgeregt." Gute Voraussetzungen, um in Deutschland wieder sesshaft zu werden. Tarrach kann sich vorstellen, dass Dithmarschen die letzte Station seines bewegten Arbeitslebens sein wird.

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