Europäer zu Big Data

Ja zum Datensammeln - aber nur für die Gesundheit

Jeder Zweite in Europa steht dem massenhaften Sammeln und Auswerten von Daten skeptisch gegenüber. Allerdings nicht, wenn es um den Kampf gegen Krankheiten geht.

Von Marco Hübner Veröffentlicht:
Deutsche fühlen sich in puncto Datensammeln unwohler als andere Europäer.

Deutsche fühlen sich in puncto Datensammeln unwohler als andere Europäer.

© ÄrzteZeitung

NEU-ISENBURG. Geht es um das massenhafte Sammeln personenbezogener Daten, sind die Europäer - und hier insbesondere die Deutschen - ausgesprochen zurückhaltend. Aber: Handelt es sich um Daten, die von Gesundheitsinstitutionen gesammelt werden, um damit Krankheiten besser bekämpfen zu können, zeigt sich ein Trend hin zu mehr Freimütigkeit.

Zu diesem Ergebnis kommt eine repräsentative Studie des Meinungsforschungsinstitutes TNS Infratest, im Auftrag des Vodafone Instituts für Gesellschaft und Kommunikation.

Mit ihrer Analyse wollten die Forscher herrausfinden, wann Menschen dazu bereit sind, ihre Daten zu teilen. Um das zu klären, sind den Studienautoren zufolge mehr als 8000 Menschen in acht europäischen Ländern im Sommer 2015 telefonisch befragt worden. Die Mehrzahl der Befragten war zwischen 30 und 49 Jahre alt (36 Prozent), am zweitstärksten vertreten waren die 50- bis 59-Jährigen.

Für 51 Prozent der Befragten aus den acht EU-Ländern überwogen die Nachteile von "Big Data" - also dem massenhaften Sammeln von Daten. Mit 62 Prozent waren die Deutschen am skeptischsten.

Die Iren zeigten sich im Gegensatz dazu am offensten (38 Prozent). Auch befragt nach den einzelnen Anwendungsgebieten des Datensammelns, wie zum Beispiel Einkauf oder Verkehr, stachen die Deutschen als Skeptiker heraus. Einzig im Bereich Gesundheit gab es etwas mehr Zuspruch.

Gesundheitsdaten für Forscher

Etwas weniger als die Hälfte der Befragten in Deutschland (42 Prozent) wären dazu bereit, ihre Gesundheitsdaten zu Forschungszwecken bereit zu stellen. Allerdings unter der Voraussetzung, dass sie anonymisiert und zusammengefasst ausgewertet werden.

Die Umfrageteilnehmer aus den anderen Ländern zeigten sich auch hier insgesamt freigiebiger: Im Durchschnitt fühlten sich 61 Prozent mit der Verwendung ihrer Daten für diesen Zweck wohl.

Nur sechs Prozent waren insgesamt strikt dagegen. Eine klare Abfuhr gab es hingegen beim Trendthema, gute Fitnesswerte aus der digitalen Selbstvermessung gegen günstigere Beiträge zur Krankenversicherung zu tauschen.

72 Prozent der Befragten aus allen acht Ländern wollen den Versicherern keinen Zugriff auf ihre Gesundheits- und Fitnessdaten geben, damit dieser den Beitrag am Fitnessniveau anpasst. Pläne für solche Versicherungsmodelle gibt es indes schon - auch hierzulande.

Der italienische Generali-Konzern stieß das Thema im November 2014 an und will seinen PKV-Kunden künftig Boni und Vergünstigungen anbieten, wenn die Fitnessdaten stimmen. Bei den gesetzlichen Kassen sorgt das Thema ebenfalls für Betriebsamkeit.

Eine Studie im Auftrag der TK bestätigt Gesundheits- und Versorgungs-Apps - mit denen sich Patienten etwa selbst vermessen können - großes Zukunftspotenzial. Gleichwohl zeigt diese Studie auch, dass viele Anwendungen, die es aktuell auf dem Markt gibt, von mangelhafter inhaltlicher oder technischer Qualität sind. Darauf deutet auch das Ergebnis der Vodafone-Studie hin.

Abfuhr für Gesundheits-Apps

Insgesamt 59 Prozent der Befragten können der Analyse von Vodafone zufolge auf eine App verzichten: Sie lehnen es ab, Empfehlungen für einen gesünderen Lebensstil und die Vorbeugung von Krankheiten von ihrem Smartphone oder Tablet-PC zu bekommen. Die Geräte zum Messen der Fitness finden allerdings immer stärkeren Absatz.

So nutzen immerhin bereits 31 Prozent der Bundesbürger ab 14 Jahren Fitness-Tracker zur Aufzeichnung von Gesundheitswerten, wie eine neue Umfrage von Bitkom Research zeigt.

Die Entwicklung hin zu Big Data wertet der Geschäftsführer von Vodafone Deutschland, Hannes Ametsreiter, positiv: "Das massenhafte Sammeln von medizinischen Daten eröffnet Heilungschancen für lebensbedrohliche Krankheiten", resümiert Ametsreiter.

"Die Auswertung von Bewegungsdaten wird schon heute genutzt, um die Ausbreitung von Epidemien besser zu verstehen und gezielt auf diese zu reagieren."

Die gesamte Studie zum Download unter:

tinyurl.com/hfz6kfq

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