Geschlossene Psychiatrie

Kein Zwang zur vollen Vergitterung

BGH: kein Schmerzensgeldanspruch nach Sprung aus dem Fenster

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KARLSRUHE. Psychiatrische Kliniken müssen auch in geschlossenen Stationen nicht alle Fenster gegen gewaltsames Öffnen sichern.

Springt ein Patient aus einem herausgerissenen Fenster, besteht noch kein Schmerzensgeldanspruch, entschied der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe in einem aktuellen Urteil.

Im entschiedenen Fall war ein schizophrener Patient in Suizidabsicht aus seinem im vierten Stock befindlichen Patientenzimmer gesprungen. Da das Fenster wegen eines Sicherungsmechanismus‘ nur im oberen Teil leicht gekippt werden konnte, hatte er den Fensterflügel mit erheblicher Gewalteinwirkung geöffnet.

Bei seinem Sprung aus dem Fenster erlitt er eine Hirnverletzung und Knochenbrüche an Armen, Beinen und Lendenwirbeln. Von der Klinikbetreiberin, der Stadt Magdeburg, verlangte er 55.000 Euro Schmerzensgeld.

Der BGH lehnte dies ab. Zwar sei eine psychiatrische Klinik verpflichtet, die aufgenommenen Patienten vor Selbstschädigungen zu bewahren. Dies bedeute jedoch nicht, dass sämtliche Fenster auch gegen gewaltsames Öffnen gesichert werden müssen.

Suizid in der Psychiatrie nicht zu 100 Prozent vermeidbar

Ein Suizid könne in einem psychiatrischen Krankenhaus niemals mit absoluter Sicherheit vermieden werden, betonten die Karlsruher Richter.

Schließlich baue die Therapie auf eine vertrauensvolle Beziehung und Zusammenarbeit zwischen Patient und Arzt sowie dem Pflegepersonal auf. Entwürdigende Überwachungs- und Sicherungsmaßnahmen, soweit sie überhaupt zulässig seien, könnten eine erfolgversprechende Therapie gefährden.

Zudem sei im Streitfall der Kläger nicht als suizidgefährdet eingestuft worden, so dass keine besonderen Sicherheitsmaßnahmen notwendig gewesen seien.

Auch gebe es keine Sicherheitsstandards oder Richtlinien für Fenster in geschlossenen psychiatrischen Einrichtungen. (mwo)

Az.: III ZR 388/12

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