Urteilsbegründung liegt vor

Landgericht zu Impfschaden-Urteil: Nutzen für Allgemeinheit überwiegt

Nun hat das Landgericht Mainz begründet, warum es die Klage einer Frau gegen Vakzin-Hersteller AstraZeneca abgewiesen hat: Die Vorteile einer Corona-Impfung fallen stärker ins Gewicht als mögliche Risiken.

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Mainz. Wegen des großen Nutzens einer Corona-Impfung für die Allgemeinheit hat das Landgericht Mainz die Klage einer Frau gegen AstraZeneca wegen eines möglichen Impfschadens abgewiesen. Im vorliegenden Fall bestehe kein negatives Nutzen/Risikoprofil, erklärte das Gericht am Dienstag schriftlich. Das Urteil war bereits am Montag gefallen - zunächst aber ohne Begründung. Das Nutzen/Risikoverhältnis umfasst laut dem Gericht eine Bewertung der positiven therapeutischen Wirkung im Vergleich zum Risiko eines Arzneimittels für die Allgemeinheit. Nur wenn dieses Verhältnis negativ ausfalle, hafte ein pharmazeutisches Unternehmen für seine Arzneimittel.

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Zahnärztin forderte Schmerzensgeld

Die Zahnärztin hatte in ihrer Klage gegen den Impfstoffhersteller AstraZeneca ein Schmerzensgeld von mindestens 150.000 Euro gefordert. Nach ihrer Impfung im März 2021 habe sie einen kompletten Hörverlust erlitten, hatte die Frau in dem Zivilprozess ausgesagt.

Im Fall der Klägerin sieht das Gericht kein negatives Nutzen/Risikoprofil. Ob ein solches für die Klägerin persönlich bestanden habe, sei nicht erheblich, da es auf die Gesamtheit der potenziellen Anwender ankomme. Die Vorteile des Impfstoffs bei der Bekämpfung der COVID-19-Gefahr hätten das Risiko von Nebenwirkungen überwogen. Der Expertenausschuss für Humanmedizin der europäischen Arzneimittelkommission EMA habe das positive Nutzen/Risikoverhältnis bestätigt.

Entscheidungskonflikt lag nicht vor

Auch ein Problem durch eine „etwaigen unzureichende Arzneimittelinformation“ sehen die Richter nicht: Bei der Klägerin habe kein Entscheidungskonflikt vorgelegen. Die Kammer sei nicht überzeugt, dass sich die Klägerin beim Wissen um das mögliche Risiko von Blutgerinnseln sowie eines plötzlichen Hörverlustes nicht hätte impfen lassen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Der Anwalt der Klägerin hatte am Montag bereits angekündigt, die nächste Instanz beim Oberlandesgericht Koblenz anzurufen.

Für die Sicherheit von Impfstoffen ist in Deutschland das Paul-Ehrlich-Institut zuständig. Laut diesem sind in der EU mehrere Impfstoffe gegen das Coronavirus zugelassen. Ihre Wirksamkeit ist wissenschaftlich erwiesen. (dpa)

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Kommentare
Andreas Hoffmann 22.08.202315:34 Uhr

Ein verheerendes Urteil, welches die Impfskeptiker beflügeln wird. Wenn ein Gericht das Individuum so klar hinter das Kollektiv zurückstellt, werden Skeptiker und Verweigerer - nicht ganz zu Unrecht - das Selbstbestimmungsrecht als durch einen übergriffigen Staat abgeschafft und die Macht eines Pharmakonzerns als vom Staat geschützt erachten. Man kann nur hoffen, das nachfolgende Gerichte hier korrigierend eingreifen.

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