Gastbeitrag

Mit der Selbstanzeige drohen weitere Steuern

Strafen für das Hinterziehen von Kapitalerträgen lassen sich umgehen, mit einer Selbstanzeige. Aber: Wer nicht zu sehr geschröpft werden will, muss zusehen, dass er detaillierte Infos beschafft.

Von Dietmar Sedlaczek Veröffentlicht:
Ist die Selbstanzeige raus, fängt der Spaß erst an: Der Fiskus sucht nämlich nach zusätzlichen Einkommensquellen des Arztes.

Ist die Selbstanzeige raus, fängt der Spaß erst an: Der Fiskus sucht nämlich nach zusätzlichen Einkommensquellen des Arztes.

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Zur Abgabe einer wirksamen Selbstanzeige ist es nicht erforderlich, dass alle hinterzogenen Kapitaleinkünfte nachgewiesen werden, es ist auch nicht erforderlich, dass die darauf festzusetzenden Steuern sofort entrichtet werden. Ausreichend für eine strafbefreiende Selbstanzeige ist, wenn den Finanzbehörden der wesentliche Sachverhalt offenbart wird und der Steuerpflichtige erklärt, in angemessener Zeit Unterlagen nachzureichen.

Denn häufig sind Erträgnis- und Depotaufstellungen vernichtet worden. In der Zwischenzeit haben sich die Institute allerdings darauf eingerichtet, in solchen Fällen die noch vorhandenen Daten des Steuerpflichtigen zusammenzustellen und diesem in Papierform zur Verfügung zu stellen. Da das naturgemäß einige Zeit in Anspruch nimmt, insbesondere dann, wenn wieder eine DVD mit aktuellen Daten aufgekauft wurde, gewährt die Finanzverwaltung hier großzügige Fristen - wenn erkennbar ist, dass der Steuerpflichtige bei der Ermittlung des Sachverhaltes mitwirkt.

Vermögen im Ausland darf geschätzt werden

Ein praktisch äußerst schwer wiegendes Problem ist eine ins fast Unendliche gehende Schätzungsbefugnis der Finanzverwaltung beim Verschweigen von ausländischen Einkünften. Grundsätzlich haben die Finanzbehörden von Amts wegen den Sachverhalt zu ermitteln, im Rahmen der Ermittlungen ist der Steuerpflichtige aber zu umfangreichen Mitwirkungsmaßnahmen verpflichtet. Da die deutschen Finanzbehörden im Ausland keinerlei Hoheitsbefugnisse haben, insbesondere in den Ländern Schweiz, Liechtenstein und Luxemburg keine Ermittlungen durchführen dürfen, hat der Gesetzgeber in Paragraph 90 Abs. 2 der Abgabenordnung die Verpflichtung zur Sachverhaltsermittlung nahezu vollständig dem Steuerpflichtigen auferlegt.

Bestehen auch nur geringe Anhaltspunkte dafür, dass der Steuerpflichtige Vermögen im Ausland hat und hat die Finanzverwaltung nur geringe Informationen, in welcher Höhe Vermögen vorhanden gewesen sein muss, darf die Finanzverwaltung die Höhe der Einkünfte schätzen.

Wie immer bei Schätzungen der Finanzverwaltung darf diese den Schätzungsrahmen zulasten des Steuerpflichtigen ausschöpfen. In der Praxis heißt das: je unklarer der Sachverhalt bleibt, um so höher fallen die Einnahmezuschätzungen aus. Es ist also von äußerst großer Bedeutung, bei dem kontoführenden Institut darauf zu drängen, möglichst detaillierte Informationen über den Depotbestand und die Erträgnisse zu bekommen. Je detaillierter und genauer die Angaben des Steuerpflichtigen zu seinem Vermögensbestand und zu dessen Wertentwicklung sind, umso geringer wird die Schätzungsbefugnis der Finanzverwaltung.Gelingt es, die Depotentwicklung und die aus dem Depot erzielten Erträge bis ins Detail nachzuweisen, kann die Finanzverwaltung allenfalls einen geringen Sicherheitszuschlag schätzen, sie muss die Steuern nach den insoweit nachgewiesenen steuerpflichtigen Kapitalerträgen festsetzen.

Unterstellt wird die ertragreichste Anlageform

Die Strategie, sich darauf zu verlassen, dass die Finanzverwaltung die tatsächlich erzielten Kapitalerträge nicht nachweisen kann und deswegen die Steuernachzahlung gering auszufallen hat, wird in der Praxis regelmäßig scheitern. Die Finanzgerichte erkennen fast jede Schätzung der Finanzverwaltung, was die Höhe der hinterzogenen Kapitalerträge im Ausland angeht, an, sofern sie im Ansatz noch mit den Gesetzen des Marktes und der Denklogik zu rechtfertigen ist. Zudem darf die Finanzverwaltung in unklaren Sachverhalten zulasten des Steuerpflichtigen von der denkbar ertragsreichsten Anlageform ausgehen und da auch die optimalste Entwicklung unterstellen.

Der Fiskus will auch wissen, woher das Geld kommt

Ein weiterer Gesichtspunkt wird in der Praxis häufig nicht hinreichend bedacht. Im Rahmen der Überprüfung der Einkünfte aus Kapitalvermögen in den letzten zehn Jahren fragt das Finanzamt nicht nur, in welcher Höhe Kapitalerträge erzielt worden sind, das Finanzamt fragt auch, woher das im Ausland angelegte Kapital kommt. Dieser Gesichtspunkt überrascht viele Anleger, da sie mit einer solchen Überprüfung nicht gerechnet haben.

Beispiel: Kapitalanleger A hat im Jahre 1999 bei einer Liechtensteinischen Bank ein Vermögen von umgerechnet 200 000 Euro. Dieses Vermögen ist bis zum Jahr 2008 auf (umgerechnet) 1 000 000 Euro angewachsen. Kapitalanleger A legt zwar für die Jahre Depotaufstellungen vor, aus diesen Depotaufstellungen lassen sich auch anhand weiterer ergänzender Angaben die erzielten Erlöse aus Kapitalerträgen einigermaßen nachvollziehen, die Erträge aus den Kapitalerlösen und die Kursentwicklung erklären aber nicht die Wertentwicklung des Depots von 200 000 Euro auf 1 000 000 Euro. Kann der Kapitalanleger Zinsen, Kursgewinne und Erträge in Höhe von weiteren 200 000 Euro einigermaßen belastbar nachweisen, bleibt ein ungeklärter Vermögenszuwachs in Höhe von 600 000 Euro. Je nach beruflicher Tätigkeit nimmt das Finanzamt in Höhe von 600 000 Euro Einnahmen aus beruflicher Tätigkeit an, wenn die Tätigkeit des Steuerpflichtigen grundsätzlich die Möglichkeit bietet, in derartiger Höhe Erlöse zu erzielen.

Die Einkommensteuer könnte sich erhöhen

600 000 Euro: 10 Jahre (1999 bis 2008) machen eine jährliche, nicht erklärbare Einzahlung von 60 000 Euro aus. Bei einem niedergelassenen Arzt nimmt die Finanzverwaltung in solchen Fällen regelmäßig nicht erklärte Erlöse aus der Behandlung von Privatpatienten an und unterwirft mangels anderer belastbarer Angaben des Steuerpflichtigen diesen Betrag für jedes Jahr der Einkommensteuer. Da die Finanzverwaltung davon ausgehen darf, dass der Arzt nicht alle hinterzogenen Einnahmen aus Privatliquidationen in die Schweiz transferiert hat, wird noch eine Zuschätzung vorgenommen, die aus 60 000 Euro schnell 80 000Euro machen kann. Auf dieser Basis werden nicht nur die hinterzogenen Kapitalerträge für die Jahre 1999 bis 2008 der Besteuerung unterworfen, der Steuerpflichtige muss auch damit rechnen, dass für jedes Jahr noch 80 000 Euro Einnahmen aus privatärztlicher Tätigkeit hinzu geschätzt werden können. Spätestens diese Zuschätzung treibt die meisten Anleger in den Ruin.

Für die Praxis bedeutet dies, dass der Steuerpflichtige und sein Berater zuvörderst die Energie auf die möglichst genaue Ermittlung des Sachverhaltes und die Herkunft der Gelder zu richten haben. Je genauer hier vorgetragen werden kann, insbesondere je genauer die Herkunft des Geldes belegt werden kann, umso geringer ist auch die Zuschätzungsbefugnis der Finanzverwaltung. Hinweise auf die Tante im Ausland und den Onkel in Amerika überzeugen die Finanzverwaltung regelmäßig nur dann, wenn diese Verwandten in Persona vorgestellt, bzw. durch entsprechende Personstandsurkunden belegt und die Zahlung des Geldes unbar nachgewiesen werden kann.

Strafe und Nachzahlung: doch die bessere Option?

Wie sich der Steuerpflichtige in der konkreten Situation verhalten sollte, muss im Einzelfall gesondert entschieden werden. Es kann Sinn machen, abzuwarten, welche Informationen die Finanzverwaltung gegenüber den Steuerpflichtigen hat. Unter Umständen ist die Kombination aus Strafe und Nachzahlung auf Basis der Daten, die auf der CD enthalten sind, wesentlich weniger belastend, als die Nachzahlung, wenn der Steuerpflichtige sich von sich aus vollständig offenbart.



Zur Person: Dietmar Sedlaczek ist Steueranwalt und betreibt eine Kanzlei für Medizin- und Steuerrecht in Berlin.

Lesen Sie dazu auch: Steuersünder: Verzug bei Selbstanzeige kann Strafbefreiung kosten

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