VV der KVBB kritisiert

Mit neuem EBM auf dem Holzweg

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Kritisch bis ablehnend begegnen Hausärzte in Brandenburg dem neuen Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM), der ab Oktober gilt.

POTSDAM. Der neue EBM trifft bei den Hausärzten in der Vertreterversammlung der Kassenärztlichen Vereinigung Brandenburg (KVBB) überwiegend auf Kritik.

Nur der Hausarzt im KVBB-Vorstand Dipl.-Med. Andreas Schwark bewertet die Änderungen positiv.

"Als Brandenburger Hausärzte können wir diese Änderungen mitgehen. Sie sind gut geeignet, die Komplexität und die Spezifika unserer Tätigkeit abzubilden und für die Zukunft besser zu vergüten", sagte er in der Vertreterversammlung der KVBB.

Wird ein neuer KO-Katalog geschaffen?

Der Potsdamer Allgemeinmediziner Dr. Ralf Schürer warnte dagegen davor, dass die Festlegung von Grundversorgungs- und Ausschluss-Leistungen "nicht ganz unproblematisch" sei. Damit werde ein "KO-Katalog von Leistungen" geschaffen.

Akupunktur, Onkologie und ähnliche Leistungen würden aus der klassischen Hausarztpraxis ausgeschlossen "Wenn wir meinen, dass wir junge Kollegen so für die Allgemeinmedizin begeistern können, ist das ein Holzweg", sagte Schürer.

Auch Dr. Hanjo Pohle, Allgemeinmediziner und Vorstandsmitglied der Ärztekammer Brandenburg und des Hausärzteverbands Brandenburg (HÄVBB) übte an der Unterscheidung von Grund- und Spezialleistungen bei Hausärzten Kritik.

Er warnte vor einer "Spaltung der Ärzteschaft" innerhalb der Hausärzteschaft in typische und atypische Hausärzte. "Ich halte das politisch für unsensibel", sagte er.

Zudem kritisierte Pohle, dass von "Budget" die Rede sei. "Das kommt bei der Basis ganz schlecht an", sagte er. Am Zustandekommen des neuen EBM gefällt ihm nicht, dass "von oben nach unten durchregiert" wurde.

Er fordert, dass in Zukunft die Basis gefragt wird, was man tun kann. "Die Grundprobleme sind eigentlich gar nicht erfasst", so Pohle. "Viele haben Angst, dass es ein Umschichten von Geld bedeutet", sagte er.

Facharztmangel wird gar nicht abgebildet

Enttäuscht zeigte sich die Neuruppiner Allgemeinmedizinerin Dipl.-Med. Gisela Polzin. "Ich hätte mehr erwartet. Ich glaube auch, dass in diesem EBM unsere Arbeit nicht richtig abgebildet wird. Wenn ein Chroniker 20 Mal im Quartal kommt, dann ist das in diesem EBM nicht sichtbar", sagte sie.

Das kritisierte in anderem Zusammenhang und unter Verweis auf den Facharztmangel in Brandenburg auch die Hausärztin Stephanie Lenke aus Senftenberg. "Ich habe Patienten, die kommen 20 Mal, die haben keinen Hautarzt mehr, die haben keinen Orthopäden mehr. Das können wir nicht darstellen", sagte sie. (ami)

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Kommentare
Carl Scherer 12.09.201309:43 Uhr

Gesprächsziffer 03230 gnadenlos budgetiert auch ohne RLV-Deckel

Kurios auch die Gesprächs-Ziffer 03230 mit Deckel 4,50 Euro x Fallzahl > bei 1000 Scheinen also 4500 Euro , geteilt durch 9,00 Euro

macht 500 x Ansatz der Gesprächsziffer möglich , d. h. nur bei jedem 2. ! ist EIN ausführliches Gespräch möglich .

Gruss

cus

Dr. jens wasserberg 12.09.201308:30 Uhr

Gesprächshamsterrad oder das ewige Reden

Der neue Hausarzt-EBM wurde handwerklich extrem schlecht konstruiert und ist wie immer nur von der Hoffnung getragen, dass für die Zukunft gemachte Aussagen und Versprechungen die realen Kosten und Aufwendungen amortisieren werden. Die Naivität der Entscheider ist dabei mit Händen zu greifen. Man erinnere sich nur an die Zweizeitigkeit der letzten Jahrhundertreform, bei der zunächst die Punktmenge und dann erst später der Punktwert festgelegt wurden. Dies führte zu eine Unterfinanzierung, die ja eben mit dieser Reform beendet werden sollte.
Jetzt beschert uns die KBV ein neues Gesprächshamsterrad :
Eine sogenannte hausärztliche Versorgerpraxis - nehmen wir als Beispiel einmal 1100 Scheine - hat von Oktober an mehr als zwei ganze Woche im Quartal nichts anderes zu tun, als ganztägig nur 10-Minuten-Gespräche zu führen, nur um an das Honorar zu kommen, was sie vorher auch hatte. Zuvor konnte die Praxis diese Gesprächsleistung nach Bedarf über das Quartal in beliebige Blöcke verteilen. Wenn nun aber ein Patient z.B. 5 x 8 Minuten in der Praxis verweilt im Quartal, dann erhält der Arzt dafür nichts. Zuvor hat er diese Gesprächsleistung zumindest als Pauschale in der Ordination angerechnet bekommen. Mit einer solch grotesk niedrigen Gesprächspauschale ist die Herausrechnung aus der Ordinationsziffern schlicht Unsinn, denn es bedeutet, dass dem Hausarzt, der während eines Gespräches keinerlei andere Aufgaben erledigen kann, weniger als 54,- € Stundenumsatz für die gesamte Praxis zuerkannt werden. Spätestens hier erkennt man, dass die Bürokraten der KBV und der Kassen - letztere haben ja auch zugestimmt - vollends den Überblick über die Realitäten verloren haben. Zusätzlich wird die Hausarztpraxis durch diese absurde Preisgestaltung in eine Mengendynamitk gezwungen, die sie spätestens 2014 bei der neuen Preisverhandlungsrunde - so sie denn überhaupt kommen sollte - wieder einholen wird.
Der Hausarztberuf wird zusätzlich durch diese Zusatzbudgets immer weiter in seiner Therapiefreiheit beschnitten. Will eine Praxis nicht Honorar verlieren, muss sie allmorgentlich eine vom PC freundlich entworfene Liste abarbeiten mit unterschiedlichen EBM-Ziffern, die nicht an dem Bedarf orientiert sind, sondern dem absurden EBM-System mit multiplen Interdependenzen und Subbudgets geschuldet sind, die ohne EDV unbeherrschbar geworden sind.
Die Gremien der KBV sind offenbar beratungsresistent und realitätsfern. Eine EBM-Reform ohne direkte und konkrete positive Veränderungen für die Ärzteschaft verbieten sich. Zu oft wurde nach dem Muster verfahren, dass zunächst die Änderungen auf Kosten der Ärzteschaft erzwungen wurden, die für später in Aussicht gestellten finanziellen Verbesserungen aber nie kamen, weil es den Kassen abermalig nicht passte. Wenn nun Myriaden von Gesprächsziffern durch die Ungeschicklichkeit der KBV erzwungen werden, dann dürfte es sehr schwer sein, für diese Menge im Nachgang einen angemessenen Preis zu fordern. Somit sitzt der Arzt wieder in der Stückzahlfalle, freundlich konstruiert von ''seinen Vertretern''.


Dr. Hans-Peter Draschnar 12.09.201306:56 Uhr

Irrsinn mit Methode

Als ich vor 2 Jahren den Anruf meines alten Studienfreundes bekam, dass ihn sine Krebserkrankung sehr bald dahinraffen werde und ich mir überlegen könnte seine Praxis zu übernehmen habe ich im Alter von 53 Jahren den Wechsel in die Allgemeimedizin gewagt. Zuvor in einer österreichischen Univerd
Sitätsstadt als Anästhesist und Intensivmediziner tätig kündigte ich mein Arbeitsverhältnis und ging nach Südbaden.

Ich fand eine im Niedergang befindliche Praxis vor, lernte meine ortsansässigen Kollegen kennen, unter denen eine gute kollegiale Stimmung herrscht, ein Hintergrunddienst- und Urlaubsplan mit gegenseitiger Vertretung besteht und fügte mich in die bestehende Struktur mit Unterstützung meiner Kollegen sehr bald ein.

Man lernt langsam das Bürokratiemonster Deutschland kennen, den EBM und die GOÄ, lässt die ersten Quartale allerhand Geld durch Unwissen liegen und kaum hat man es Begriffen kommt nun zum 1.10 eine völlig unnötige EBM-Reform. Die bringt meines Erachtens nur stundenlange Arbeit an der Abrechnungsoptimierung um nicht schon wieder Geld zu verliere!

Ein weiterer Irrsinn ist die Notfalldienstreform unser perfekt funktionierender regionaler Plan der zugegbenermaßen alle 5 Wochen 4 Nächte Hintergrunddienst bedeutet wird zerstört und man soll spätestens ab 23 Uhr für 250.000 Menschen im Umkreis von 90 km zuständig sein.....ein absolutes Unding!

Ich verstehe nicht,dass diese anstehenden Veränderungen nicht. Organisiert von den Betroffenen Kollegen bekämpft werden. Ärzte gehen immer in der Herde zur Schlachtbank wie Schafe...

Übri bleibt die Kollegen und Patienten zurück zu lassen und in die Schweiz oder zurück nach Österreich zu gehen Dort gibt es auch schon Mangel an Allgemeinärzten ... Schade,


Dr. Hans-Peter Draschnar

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