Contra Landarztmangel

Neues Ärztehaus lockt Nachwuchs an

Seit Kurzem hat das oberfränkische Effeltrich, was sich so manche Landgemeinde wünscht: ein Ärztehaus mit jungen Medizinern. Als Extra sind gleich noch viele andere Gesundheitsberufe vor Ort.

Von Christina Bauer Veröffentlicht:
Dr. Gunther (4. v.l.) und Dr. Beate Reinhardt (5. v.l.) arbeiten mit ihrem Team im neuen Ärztehaus.

Dr. Gunther (4. v.l.) und Dr. Beate Reinhardt (5. v.l.) arbeiten mit ihrem Team im neuen Ärztehaus.

© Praxis Reinhardt

EFFELTRICH. Lösungen für den sich verschärfenden Mangel an Ärzten auf dem Land werden derzeit vielerorts händeringend gesucht. Effeltrich im oberfränkischen Landkreis Forchheim hat eine gefunden: Im Juni öffnete im 2600-Einwohner-Ort ein neues Ärztehaus seine Türen. Dort, im Norden Bayerns, bleiben Zahlen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) zufolge allzu oft Arztsitze leer. Die Begeisterung war daher groß, erinnert sich das Ärzteehepaar Dr. Beate Reinhardt (Allgemeinärztin) und Dr. Gunther Reinhardt (hausärztlich tätiger Internist).

Die Reinhardts sind schon seit 2003 am Ort niedergelassen. Nach jahrelanger Klinikarbeit entschieden sie sich für eine Landpraxis. Wie Beate Reinhardt im Gespräch mit der "Ärzte Zeitung" berichtet, ließ sich das gut mit der Familiengründung verknüpfen. Seitdem hat jeder der beiden einen Kassensitz. Seit 2013 ist Dr. Christian Ehrlicher als angestellter Allgemeinarzt mit dabei. Anfangs arbeiteten die Reinhardts noch lange in der Gemeinschaftspraxis ihres Vorgängers mit. Der ging in den Ruhestand, und die Umstände machten einen Praxisumzug notwendig.

Ein eigenes Notfallzimmer

Bürgermeisterin Kathrin Heimann war gern bereit, ein Bauvorhaben zu unterstützen. Die Gemeinde verkaufte ein geeignetes Grundstück an die regionale Raiffeisenbank. Diese wurde zum wichtigsten Sponsor und gab für den Bau insgesamt 1,8 Millionen Euro aus. "Sie haben das alles super organisiert", so Beate Reinhardt. "Das war eine Investition für das Dorf." Nach etwa eineinhalb Jahren Bautätigkeit ist das neue Gebäude in der Stadtmitte seit Juni fertig. Besonders erfreulich für die Ärzte: Sie konnten es vom Start an mitgestalten. Nun haben sie acht Behandlungsräume, wo alle gut parallel arbeiten können. Es gibt viel Platz, kurze und effiziente Wege sowie angenehme Sozialräume für die Mitarbeiter. Eine Besonderheit: Der Rettungsdienst hat ein eigenes Notfallzimmer mit separatem Zugang. Gibt es einen Notfall, können die Helfer den Patienten dort direkt abholen. Es entstehen keine Interferenzen mit dem übrigen Praxisbetrieb. Der Raum wurde schon reichlich genutzt, so Reinhardt, und der Rettungsdienst sei begeistert.

Die Gemeinschaftspraxis hat eine Auslastung von etwa 2000 bis 2500 Scheinen. Viele Patienten sind aus Effeltrich, aber auch aus den umliegenden Dörfern. Zehn MFA unterstützen die Ärzte, zwei davon sind VERAHs, zwei noch in der Ausbildung zur MFA. Bei diesem Erfolg soll es aber nicht bleiben. Die Reinhardts kennen die schwierige Versorgungslage im bayerischen Norden. Sie legen daher Wert darauf, im neuen Ärztehaus wie schon in den letzten Jahren viele junge Kollegen auszubilden. Beide haben eine Weiterbildungsgenehmigung, und derzeit arbeiten zwei Weiterbildungsassistentinnen in der Praxis mit.

Eine davon ist Dr. Carolin Föhrweiser. Sie ist seit April dabei und hat den Umzug miterlebt. Der 31-Jährigen gefällt, dass sie sich mit mehreren erfahrenen Ärzten austauschen kann. Entschiede sie sich langfristig für eine eigene Landarzt-Praxis, würde sie auch die gern gemeinsam mit Kollegen führen. "Mir ist der kollegiale Austausch sehr wichtig", so die junge Medizinerin, "und die Betreuung der Patienten ist durchgehend das ganze Jahr über gewährleistet." Die Effeltricher Praxis lotst auch reihenweise Studierende aufs Land. Da sie Lehrpraxis der Universität Erlangen ist, sind neben Blockpraktika und Famulaturen auch PJ möglich.

"Das würde ich gerne machen"

Benjamin Haugg, 31 Jahre alt, hat dort seit 2014 alle drei dieser Stationen absolviert. Derzeit ist er im PJ. An der Hausarzt-Arbeit spricht ihn vor allem der langfristige Patientenkontakt an. Dadurch erfahre ein Arzt viel mehr über die Menschen als nur ihre Krankengeschichte. "Das war einer der Gründe, warum ich gesagt habe, das würde ich gerne machen", resümiert Haugg. Auch er kann sich eine Land-Niederlassung gut vorstellen. Einige Erfolgsgeschichten kann Beate Reinhardt schon jetzt berichten. "Eine junge Kollegin war vier Jahre hier angestellte Ärztin und hat sich jetzt im Nachbardorf niedergelassen."

Die Effeltricher Patienten haben noch vom Ärztehaus noch mehr als die hausärztliche Versorgung vor der Tür. In der EInrichtung ist auch Kinderärztin Dr. Gabriela Kreller-Laugwitz mit dabei, die schon seit einigen Jahren in der Gemeinschaftspraxis tätig ist. Zusätzlich gibt es nun im neuen Gebäude Praxen für Physiotherapie, Logopädie und Pflege.

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema
Das könnte Sie auch interessieren
Innovationsforum für privatärztliche Medizin

© Tag der privatmedizin

Tag der Privatmedizin 2025

Innovationsforum für privatärztliche Medizin

Kooperation | In Kooperation mit: Tag der Privatmedizin
Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer und Vizepräsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe, hofft, dass das BMG mit der Prüfung des Kompromisses zur GOÄneu im Herbst durch ist (Archivbild).

© picture alliance / Jörg Carstensen | Joerg Carstensen

Novelle der Gebührenordnung für Ärzte

BÄK-Präsident Reinhardt: Die GOÄneu könnte 2027 kommen

Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Mehr als ein oberflächlicher Eingriff: Die Krankenhausreform verändert auch an der Schnittstelle ambulant-stationär eine ganze Menge.

© Tobilander / stock.adobe.com

Folgen der Krankenhausreform für niedergelassene Ärztinnen und Ärzte

Die Klinikreform bringt Bewegung an der Schnittstelle zwischen Praxen und Krankenhäusern

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: der Deutschen Apotheker- und Ärztbank (apoBank)
Manchmal kommt Künstliche Intelligenz ziemlich abstrakt daher. Doch es gibt zunehmend auch konkrete Anwendungen, sogar für Arztpraxen.

© 3dkombinat - stock.adobe.com

Praxisorganisation

Mit KI zu mehr Entlastung fürs Praxisteam

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Doctolib GmbH

Gesundheitspolitik

HPV-Impfung verhindert Krebs

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Vision Zero e.V.
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Metaanalyse

Subjektive Krankheitsbelastung bei Krebs prognostisch relevant

Risikofaktoren identifiziert

Für wen könnten Harnwegsinfekte gefährlich werden?

Laterale Ellbogenschmerzen

Diese sechs Kriterien sprechen gegen einen „Tennisarm“

Lesetipps
Übersichtsarbeit: Wie wirken Hochdosis-, rekombinante und mRNA-Vakzinen verglichen mit dem Standardimpfstoff?

© Sasa Visual / stock.adobe.com

Übersichtsarbeit zu Grippeimpfstoffen

Influenza-Vakzinen im Vergleich: Nutzen und Risiken

Eine junge Frau fasst sich an ihren schmerzenden Ellenbogen.

© Rabizo Anatolii / stock.adobe.com

Laterale Ellbogenschmerzen

Diese sechs Kriterien sprechen gegen einen „Tennisarm“

Serotoninkristalle, die ein Muster ergeben.

© Michael W. Davidson / Science Photo Library

Für wen passt was?

Therapie mit Antidepressiva: Auf die Nebenwirkungen kommt es an