Olympus gibt Bilanzfälschung im großen Stil zu

Wochenlang verteidigte Olympus mehrere seltsam teure Übernahmen - jetzt kommt die Wahrheit ans Licht. Es ist ein Bilanzskandal, wie der Kamera- und Medizintechnik-Hersteller zugab. Unter anderem wurden Verluste als Beraterhonorare getarnt. Die Aktie ist im Sturzflug.

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TOKIO (dpa). Der Kamera-Hersteller und Medizintechnik-Anbieter Olympus steckt in einem riesigen Bilanzskandal. Das japanische Unternehmen gab am Dienstag zu, dass seit den 1990er Jahren angehäufte Investment-Verluste mit Hilfe von Übernahmen verschleiert wurden.

Ein Manager muss sofort gehen, die Aktie stürzte um 29 Prozent ab. Seit Ausbruch der Affäre verlor sie mehr als zwei Drittel ihres Werts.

Die milliardenschweren Zukäufe standen im Mittelpunkt, seit der geschasste britische Firmenchef Michael Woodford sie Mitte Oktober öffentlich kritisiert hatte.

Woodford sagte, er sei gefeuert worden, nachdem er Fragen zu den Deals stellte und sie untersuchen ließ.

Prüfung nach Aktionärsdruck

Das Unternehmen hatte die Übernahmen erst vehement verteidigt, dann unter dem Druck von Aktionären aber doch eine unabhängige Kommission mit der Prüfung beauftragt.

Unter anderem die außergewöhnlich hohen Zahlungen an einen Finanzberater beim Kauf des britischen Medizintechnik-Spezialisten Gyrus vor einigen Jahren seien Teil der Bilanzfälschung gewesen, teilte Olympus jetzt mit.

Damals flossen dem Berater vor allem über den Rückkauf eines Aktienanteils insgesamt 687 Millionen Dollar zu - rund ein Drittel des Gyrus-Übernahmepreises von 1,92 Milliarden Dollar.

Auch das FBI ermittelt

Bisher versuchte Olympus, eine plausible Erklärung für den Geldregen an den heute nicht mehr auffindbaren Berater zu liefern: Man habe sich erst nachträglich entschlossen, Gyrus zu 100 Prozent zu übernehmen und habe deshalb den als Teil des Honorars gewährten Anteil zurückkaufen müssen.

Da die Beraterfirma einen Sitz in den USA hatte, ermittelte inzwischen laut Medienberichten sogar das FBI.

Auch bei den von Woodford angeprangerte Zukäufen dreier kleinerer japanischer Spezialanbieter medizinischer Ausrüstung für insgesamt 73,4 Milliarden Yen (680 Millionen Euro) seien Verluste versteckt worden, räumte Olympus jetzt ein.

Das Unternehmen entschuldigte sich bei Anlegern und Partnern, Vizepräsident Hisashi Mori muss gehen.

Spieß einfach umgedreht

Brisante Fragen dürfte es jetzt auch zur Rolle des Firmenpatriarchen Tsuyoshi Kikukawa geben. Er war von Woodford zum Rücktritt aufgefordert worden und ließ stattdessen den Briten vor die Tür setzen.

"Sie haben mir gesagt, ich soll mir einen Bus zum Flughafen nehmen", beschwerte sich Woodford in einem Interview. Unter Anlegerdruck gab Kikukawa inzwischen bereits den Vorsitz des Verwaltungsrates ab.

Der neue Firmenchef Shuichi Takayama betonte am Dienstag, Woodford werde nicht zurückkehren. Er habe erst am Montagabend von Kikukawa und Mori von der Bilanzfälschung erfahren, sagte Takayama in Tokio laut einem Bericht der Nachrichtenagentur Kyodo. Er behalte sich vor, Anzeige zu erstatten.

Olympus ist bei Verbrauchern vor allem als Kamera-Hersteller bekannt, die Medizintechnik macht inzwischen aber den Großteil des Geschäfts aus.

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