Trotz langer Tradition
Großdemo gegen Stellenabbau am Pharmastandort Marburg
4.000 Menschen demonstrierten gegen den geplanten Stellenabbau am Pharmastandort Marburg. Bei BioNTech, CSL Behring und Nexelis sollen rund 1.000 Arbeitsplätze verloren gehen.
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Viermal so viele Teilnehmer wie geplant kamen zur Großdemo in Marburg.
© Gesa Coordes
Marburg. Gerechnet hatte die Gewerkschaft mit 1.000 Demonstranten. Es kamen – nach den Zählungen der Polizei – 4.000 Menschen, die sich vor den Werkstoren im Görzhäuser Hof bei Marburg mit Transparenten und Trillerpfeifen für die Arbeitsplätze am traditionsreichen Pharmastandort einsetzten.
„Die Art und Weise, wie mit euch umgegangen wird, ist eine Sauerei“, rief der hessische Staatssekretär im Wirtschaftsministerium, Umut Sönmez, den Menschen zu: „Ihr habt die Welt gerettet“, sagte er über die Mitarbeiter von Biontech, die mit vielen Extraschichten dafür gesorgt hatten, dass der Impfstoff gegen Covid 19 so schnell produziert werden konnte. Damals war das Marburger Werk geradezu berühmt geworden, weil in Marburg der erste weltweit zugelassene Corona-Impfstoff hergestellt wurde.
Massiver Gewinneinbruch bei BioNTech
„Nach diesen unbeschreiblichen Erfolgen ist es die Pflicht, den Standort zu erhalten“, so BioNTech-Betriebsrat Mario Büttner. Doch im Frühjahr entschied das Unternehmen, angesichts eines massiven Gewinneinbruchs mehr als 300 Stellen am Marburger Standort abzubauen. Bislang arbeiten 670 Menschen in der Universitätsstadt.
Doch damit nicht genug: Am 1. Juli kündigte das Biopharmaunternehmen kündigte an, seine große Forschungs- und Entwicklungsabteilung zu schließen und 500 Stellen zu streichen. Dabei war erst vor drei Jahren ein 150 Millionen Euro teures Forschungszentrum bei CSL in Marburg eröffnet worden.
Auch Nexelis will Standort ganz aufgeben
Vor wenigen Tagen wurde bekannt, dass der Forschungs-Dienstleiter Nexelis Marburg sein Werk am Standort ganz schließen will. Rund 85 Arbeitsplätze gehen dadurch verloren. Ein weiterer Stellenabbau wird bei den Zulieferern erwartet.
Nexelis-Betriebsratsvorsitzender Hartmut Engel erinnerte an die lange Tradition des Standorts, der auf Medizin-Nobelpreisträger Emil von Behring zurückgeht: „Seit über 100 Jahren stehen die Behringwerke für medizinischen Fortschritt“, sagte er: „Jetzt droht ein tiefer Einschnitt.“ (coo)