Ärztliche Fehler

Patienten ziehen oft schon Diagnose in Zweifel

2252 Kunstfehler sind Ärzten im Jahr 2014 unterlaufen - bei knapp 720 Millionen Behandlungen kommen sie aber vergleichsweise selten vor. Wie die Bundesärztekammer berichtet, sehen Patienten immer häufiger schon ärztliche Fehler bei Anamnese und Diagnose.

Anno FrickeVon Anno Fricke Veröffentlicht:

BERLIN. Die Zahl der 2014 von den Ärztekammern festgestellten Behandlungsfehler ist im Vergleich zu 2013 gestiegen. Mit 2252 lag die Zahl ärztlicher Kunstfehler leicht über dem Wert von 2013, als 2243 Fehler bestätigt wurden.

In 1854 Fällen hätten die festgestellten Fehler die Patienten nachweislich geschädigt, berichtete die Geschäftsführerin der Schlichtungsstelle für Arzthaftpflichtfragen der norddeutschen Ärztekammern, Kerstin Kols, am Montag in Berlin.

In 398 Fällen seien Fehler gefunden worden, die nicht mit der in frage gestellten Behandlung in Zusammenhang gebracht hätten werden können. In rund 90 Prozent der Verfahren akzeptierten beide Parteien die Streitschlichtung.

Insgesamt wurden 2014 bei den Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen der Kammern 12.053 Anträge gestellt, wovon bislang 7751 bearbeitet worden sind.

Die Fehlerstatistik 2014 bestätigt 73 Todesfälle durch ärztliche Kunstfehler. Schwere bis mittlere Dauerschäden trugen 751 Patienten davon.

988 Menschen waren nach Behandlungen teils schwer, aber nur vorübergehend geschädigt. 42 Fälle wurden als Bagatellen eingeordnet.

Die meisten Kunstfehler in der Orthopädie

Niedergelassene Haus- und Fachärzte tragen für 27,2 Prozent der bestätigten Behandlungsfehler die Verantwortung. Die meisten Fehler finden sich bei Diagnose und Behandlung von bösartigen Neubildungen der Brustdrüse (34), gefolgt von Unterarmfrakturen (20), Rückenschmerzen, Kniegelenksarthrose, Unterschenkel- und Sprunggelenksfrakturen (je 12) und Neubildungen der Prostata (11).

Wie in den vergangenen Jahren auch bildeten ärztliche Fehlentscheidungen im Bereich der Orthopädie das Gros der bestätigten Fälle im Krankenhaus (72,8 Prozent).

Auffallend ist, dass viele Patienten sowohl bei niedergelassenen Ärzten (388 Fälle) als auch im Krankenhaus (532 Fälle) mögliche Fehler schon bei der Diagnose unterstellt und Anträge an die Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen gerichtet haben. Hausärzte waren 2014 davon in 298 Fällen betroffen, niedergelassene Internisten in 183 Fällen.

Im Krankenhaus gerieten die Unfallchirurgen und Orthopäden mit 2059 Fällen am häufigsten ins Visier der Antragsteller. 179 Mal war die Geburtshilfe Grund zur Klage.

Fast 720 Millionen Behandlungsfälle

Der Vorsitzende der Ständigen Konferenz der Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen der BÄK, Dr. Andreas Crusius, wollte bei der Vorstellung der Behandlungsfehlerstatistik die Zahlen relativiert wissen.

 So sei die Zahl der ambulanten Behandlungsfälle von 2004 bis 2013 um 157 Millionen auf fast 700 Millionen gestiegen. Im selben Zeitraum habe sich die Zahl der in Kliniken behandelten Fälle um 1,8 Millionen auf 18,6 Millionen Fälle erhöht.

"Die Zahl der festgestellten Fehler liegt im Vergleich zu der Gesamtzahl der ambulanten und stationären Behandlungsfälle im Promillebereich", sagte Crusius.

Kritischer hatten im Mai noch die Gutachter der Medizinischen Dienste der Krankenkassen das Fehlergeschehen beurteilt. Die Ärzte engagierten sich seit Jahren für eine verstärkte Fehlerprävention, so Dr. Walter Schaffartzik, Ärztlicher Leiter des Unfallkrankenhauses Berlin und Vorsitzender der Schlichtungsstelle der norddeutschen KVen.

Die Fehlerdaten würden für die Fortbildung ausgewertet. Eine wichtige Rolle für die Fehlerprävention spielten Peer Reviews.

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Kommentare
Dr. Wolfgang P. Bayerl 16.06.201510:17 Uhr

pardon "psychosomatisches" Organ.

----

Dr. Wolfgang P. Bayerl 16.06.201510:12 Uhr

liebe Cordula Molz, ich kenne zwar persönlich einen solchen Fall nicht und bin selbst als Arzt Bandscheibenpatient,

aber ich kann ihnen versichern, dass ich sehr froh bin, wenn mein Patient mitdenkt und mir auch dabei mithilft die richtige Diagnose zu stellen. Wer z.B. seine eigenen Befunde z.B. Laborwerte oder Rö-Bild mitbringt hilft mir dabei sehr.
Was mir UND dem Patient nicht hilft, ist das Verschweigen wichtiger Daten der Vorgeschichte, manche wollen damit der Dr. testen, oder halt schlicht (erkennbares) Misstrauen. Dass ein Patient ängstlich ist oder auch "schlechter Laune" wegen seiner Erkrankung, ist dagegen für mich eher normale Begleiterscheinung.
Mit "Wirbelsäule" und "Bandscheibenbeschwerden" haben Sie ganz sicher ein sehr problematisches Thema angeschnitten.
Denn die Wirbelsäule ist auch ein "psycosomatischen" Organ par excellence. Psyche kann man nicht operieren und ein Röntgenbild ist (fast) immer nur ein "archeologisches" Dokument über die Vorgeschichte dieses Skelettanteils.

Cordula Molz 16.06.201509:33 Uhr

Es soll schon vorgekommen sein..

Dass der Patient den Arzt drauf aufmerksam machen musste, dass der im Bild gefundene Bandscheibenvorfall (mit OP-Empfehlung) mitnichten mit den klinischen Beschwerden übereinstimmt.
Eine OP hätte a) dem Patienten finanziell und gesundheitlich geschadet b) seiner Krankenkasse. Glücklicherweise hatte der Patient medizinischen Sachverstand.
Unbestritten können Patienten mit Halbwissen anstrengend werden, aber etwas Selbstverantwortung und Mitdenken von Seiten der Patienten sollte dem Arzt nicht unwillkommen sein. Das hilft vielleicht hin und wieder auch dem Arzt.
Allwissend ist niemand.

Dr. Wolfgang P. Bayerl 15.06.201517:47 Uhr

Gegen überskeptische Patienten, meist mittleren Alters ist man schlicht machtlos.

Diese Menschen schaden sich selbst.
Kinder und gerade ältere Patienten sind wesentlich unkomplizierter.
Das hilft beiden Seiten.

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