Bundessozialgericht

Pflegekräfte im Heim können kaum selbstständig sein

Auch Pflegekräfte sind so stark in die Organisationsstrukturen eingebunden, dass Abgaben fällig sind.

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KASSEL. Wie Ärzte im Krankenhaus sind auch auf Honorarbasis arbeitende Pflegefachkräfte im Heim in der Regel sozialversicherungspflichtig. Das hat am Freitagder Beitragssenat des Bundessozialgerichts (BSG) in Kassel entschieden.

Weit mehr als Krankenhäuser müssen Heime nun mit erheblichen Nachforderungen der Sozialversicherungsträger rechnen. Unterdessen konkretisierte das BSG in einem weiteren Ärzte-Fall, dass auch eine Honorartätigkeit in nur geringem Umfang in der Regel zu einer abhängigen Beschäftigung führt.

BSG: Es handelt sich nicht um Selbstständige

Mehr noch als bei den Ärzten hat der Personalmangel in der Pflege teils zu einer Umkehrung der Verhandlungsmacht zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern geführt.

Zahlreiche Pflegefachkräfte haben ihre Anstellungen aufgegeben und boten ihre Arbeit über Honorarverträge an. Dadurch konnten sie höhere Löhne und bessere Arbeitsbedingungen aushandeln.

Nach Schätzung der Gewerkschaft Verdi lag der Anteil der Honorarkräfte in der Altenpflege zeitweilig bei knapp zwei Prozent. Nach übereinstimmender Einschätzung der Beteiligten in Kassel ist er inzwischen aber wieder geringer. Das BSG entschied, dass es sich aber nicht um Selbstständige handelt.

Wie bei Plankrankenhäusern verwiesen die Kasseler Richter auch hier auf Versorgungsverträge und zudem die Heimaufsicht.

Schon die damit verbundenen Vorgaben „führen im Regelfall zur Annahme einer Eingliederung der Pflegefachkräfte in die Organisations- und Weisungsstruktur der stationären Pflegeeinrichtung“. Nennenswerte unternehmerische Freiheiten seien bei der konkreten Tätigkeit kaum denkbar.

„Selbstständigkeit kann nur ausnahmsweise angenommen werden“, urteilte daher das BSG. Größere Freiräume, etwa bei der Auswahl der Arbeitszeit oder auch der Patienten, reichten dafür nicht aus.

Damit unterlag im Leitfall eine Seniorenresidenz in Radolfzell am Bodensee. Der dort mehrfach für jeweils sechs bis zehn Tage beschäftigte staatlich anerkannte Altenpfleger konnte sich überwiegend seine Dienste und teils auch die Patienten auswählen.

Sein Lohn war etwa zweieinhalbmal so hoch wie der der Angestellten, sollte aber auch die „Eigenvorsorge“ umfassen, etwa Krankenversicherung und Altersvorsorge. Dennoch habe er wie die Angestellten seine „Arbeitskraft vollständig eingegliedert in einen fremden Betriebsablauf eingesetzt und war nicht unternehmerisch tätig“, urteilte das BSG.

Richter: Auch höhere Vergütung ändert daran nichts

Daran änderten – wie bei den Honorarärzten – der Personalmangel und auch eine höhere Vergütung nichts. Bei dem Altenpfleger spielte es auch keine Rolle, dass er durch eine Agentur vermittelt worden war.

Demgegenüber hatte das BSG bei den Honorarärzten zwei solche Fälle an das jeweilige Landessozialgericht (LSG) zurückverwiesen.

Diese sollen nun prüfen, ob die Agenturen Einfluss auf die Einbindung in den Krankenhausbetrieb hatten und ob gegebenenfalls auch eine Arbeitnehmerüberlassung durch die Agenturen in Betracht kommt. (mwo)

Az.: B 12 R 6/18 R

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