PKV-Verband

"Pflichtgrenze senken!"

Der Chef des PKV-Verbandes fordert den Gesetzgeber auf, die Versicherungspflichtgrenze zu senken. Vor der Bürgerversicherung warnt er: "30.000 Arztpraxen würden schließen."

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NEU-ISENBURG. Der PKV-Verband drängt darauf, die Versicherungspflichtgrenze herabzusetzen. "Ich bin sehr dafür, die Versicherungspflichtgrenze zu senken und so mehr Menschen die freie Wahl zu geben", sagte Verbands-Chef Uwe Laue im Interview mit dem "Handelsblatt".

Auf welchen Wert die Pflichtgrenze sinken soll, will Laue dem Gesetzgeber überlassen. Seit Anfang Juli ist Laue als Vorsitzender des PKV-Verbandes im Amt.

Bisher können gesetzlich Versicherte in die PKV wechseln, wenn sie in der GKV nicht versicherungspflichtig sind und regelmäßig mehr als 52.200 Euro im Jahr verdienen. Zu dieser Gruppe zählen vor allem Selbstständige, Beamte und Besserverdiener.

Laue verwies darauf, dass Vollzeit-Arbeitnehmer derzeit im Schnitt ein Jahreseinkommen von 40.000 Euro erhielten. Etwa 90 Prozent der Deutschen sind gesetzlich versichert.

Der Wandel hin zu einem einheitlichen Krankenversicherungsmarkt, wie ihn sich SPD, Grüne und Linke in unterschiedlichen Varianten vorstellen, sei nicht möglich und lasse auch keine Verbesserung erwarten, sagte Laue.

Die Bürgerversicherung werde die Versorgung verschlechtern. "Ärzte werden auf die höheren Honorare für privatärztliche Behandlung verzichten müssen, in der Folge werden in kürzester Zeit 30.000 Arztpraxen geschlossen", glaubt Laue, der auch die größte private Krankenversicherung Debeka leitet.

Mit einer Aufgabe des dualen Systems würden in der Versicherungswirtschaft 70.000 Jobs "zerstört" - im gesamten Gesundheitswesen zwischen 200.000 und 400.000 Arbeitsplätze, prognostizierte der Verbands-Vorsitzende.

"Das Horrorgemälde, das der PKV-Chef zur Bürgerversicherung zeichnet, entbehrt jeder Grundlage", erwiderte die Linken-Gesundheitspolitikerin Kathrin Vogler. Die PKV sei allein nicht überlebensfähig, sondern auf permanente Finanzspritzen der Regierung angewiesen und zudem anfällig für Schwankungen der Finanzmärkte.

Vor allem ältere Versicherte, die nicht mehr in die GKV wechseln können, seien von "Beitragsexplosionen" betroffen, so Vogler.

Die Beiträge in GKV und PKV hätten sich in den vergangenen Jahren im Durchschnitt sehr ähnlich entwickelt, sagte dagegen Laue. Die Beiträge in der GKV seien im Schnitt um 3,1 Prozent pro Jahr gestiegen, 3,3 Prozent seien es dagegen in der PKV gewesen. (eb)

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Kommentare
Carsten Windt 26.07.201307:37 Uhr

Sehr guter Vorschlag Herr Pukowski

Sie haben vollkommen recht. Die Menschen sollen selber entscheiden können. Dies ist aber nur möglich wenn sie die Wahlmöglichkeit haben und nicht wie jetzt durch gesetzliche Regelungen in ein System gezwungen werden.

Tom Pukowski 25.07.201316:11 Uhr

Schöne Ideologien - nichts weiter!

Die sozialstaatlich erforderliche Umverteilung vollständig über Steuern zu fordern, ist ein hehres Ziel, aber andererseits a) nicht besser als Umverteilung im Sozialversicherungssystem und b) deutlich schwieriger umsetzbar als die Umverteilung im Sozialversicherungssystem gerechter zu machen. Zudem negiert der Autor die historische Entwicklung in Deutschland. Damit schlägt er einige Vorteile im Sozialversicherungssystem, wie z.B. fiskalische Unabhängigkeit, unreflektiert tot.

Herr Laue spricht von einem durchschnittlichen Jahreseinkommen von 40.000 € im Zusammenhang mit der Krankenversicherungspflichtgrenze. Daher ist anzunehmen, dass es sich um das Brutto-Einkommen handelt. Faktisch dürften diese Durchschnittsverdiener wohl durch Steuern, Abgaben und Beiträge wohl deutlich weniger zum Leben haben.

Was ist ausreichender Schutz? Ist das eine individuelle Entscheidung ohne kollektive Auswirkung? Was kostet dieser ausreichende Schutz? Außer der Krankenversicherung gibt es noch weiteren Vorsorgebedarf (Kinder, Alter, Unfall, Pflege, Erwerbsunfähigkeit Gebäude/Hausrat. Was ist dort ausreichend und was kostet das?

Ich stelle einfach mal - etwas weniger suggestiv - die Gegenbehauptung auf: Ein deutscher Durchschnittsverdiener hat Probleme sich ausreichend gegen Krankheitsrisiken zu versichern. Schon allein, weil das versicherungspsychologische Dilemma insbesondere bei degenerativen Krankheitsrisiko voll greift.

Werter Herr Laue, werter Herr Windt,
lassen Sie die Menschen, um die es geht, entscheiden. Dafür brauchen Sie freilich die Möglichkeit, ein gewisses Maß an Bildung und Information.

Soll der Durchschnittsverdiener auch die Bildung seiner Kinder eigenverantwortlich organisieren und finanzieren? Oder wäre das mit dem Ziel der Chancengleichheit eher kollektive Aufgabe? Per Steuern oder Schulabgaben oder ...?

So on ...!

Carsten Windt 25.07.201307:29 Uhr

Subsidiaritätsprinzip

Der Staat darf dem einzelnen nichts nehmen, was er aus eigener Kraft leisten kann ! Oder, nur wenn man etwas aus eigener Kraft nicht schaffen kann, ist der Staat gefordert.
Ein einfaches Prinzip auf das unsere Demokratie und unser Grundgesetz basiert.
Warum also ist jemand mit 40000 € Einkommen nicht in der Lage ausreichenden Schutz auch privat zu suchen? Ist jemand mit diesem Einkommen bedürftig? Tatsächlich geht es wie immer nur ums Geld. Man braucht diese Einkünfte um soziale Wohltaten zu verteilen, die aber mit Versicherung nichts gemein haben. Tatsächlich wäre es eine Aufgabe des Staates den Ausgleich aus dem Steueraufkommen zu schaffen nicht aber aus den Versicherungsbeiträgen.

Irritierend sind auch die Aussagen von Frau Vogler. Die PKV wäre auf Finanzspritzen des Staates angewiesen. Es zeigt wieder einmal, dass die "Linken" in einer Paralelwelt leben. Tatsächlich bekommen die gesetzlichen Kassen jedes Jahr einen Milliarden vom Staat, während die privaten Versicherungen in erheblichen Maße Steuern zahlen.

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