Gegen Landärztemangel

Praxis übernehmen statt schließen

Bestehende Strukturen bestmöglich nutzen - das ist das Ziel von Dr. Christian Schulze. Der Hausarzt aus dem Hunsrück erweitert seine Praxis, indem er eine andere vor der Schließung schützt. Dabei gab es einige Hürden zu überwinden.

Von Jana Kötter Veröffentlicht:
Haben sich bewusst für die rheinland-pfälzische Provinz entschieden: Dr. Christian Schulze und sein Team.

Haben sich bewusst für die rheinland-pfälzische Provinz entschieden: Dr. Christian Schulze und sein Team.

© Dr. Christian Schulze

WINTERBURG/HARGESHEIM. Zu seinem Leben als Landarzt in der rheinland-pfälzischen Provinz hat sich Dr. Christian Schulze bewusst entschieden.

Der 41-Jährige hat vor sechs Jahren die Praxis seines Vaters, Dr. Rolf Schulze, übernommen. Seine Entscheidung für die Region besiegelt er nun mit einer Expansion.

 "Wir übernehmen eine Arztpraxis von einer ausscheidenden Kollegin und erweitern somit unseren Standort und unser Team", erzählt Schulze.

Kollegen aus Hessen "abgeworben"

Neben der Praxis im 200-Seelendorf Winterburg kommt nun eine Zweigpraxis in Hargesheim hinzu. Die Übernahme ist ein Beispiel dafür, wie es auf dem Land weitergehen kann.

"Ich finde, dass es eine hervorragende Möglichkeit ist, Praxen zu erhalten, indem man sie vernetzt und an bestehende Systeme anschließt."

In den vergangenen Wochen hat Schulze dafür viel in Kauf genommen: Ein neuer Boden wurde verlegt, es wurde tapeziert, gestrichen, die neue Praxis EDV-technisch an den alten Standort angeschlossen.

Rund 80.000 Euro hat der Mediziner dafür - neben dem Kaufpreis - investiert. Insbesondere im technischen Bereich bringt die neue Infrastruktur bedeutende Vorteile mit sich: "Die Telefonanlage erlaubt es beispielsweise, dass nur noch eine Praxis besetzt ist."

Dank des gemeinsamen Servers greifen beide Praxen auf ein Archiv zurück, elektronische Patientenakten sind von beiden Standorten aus einsehbar. "Auch Updates müssen nur einmal eingespielt werden."

Mit vier Ärzten ist das Team künftig tätig. Wenn sich Dr. Monika Reiner in zwei Jahren in den Ruhestand verabschiedet, steigt der neue Kollege, der vor seiner Facharztprüfung steht, an ihrer Stelle ein.

Schulze selber wird zwischen den beiden rund 20 Kilometer entfernten Standorten pendeln.

Besonders stolz ist Schulze auf die Tatsache, dass er den Nachwuchs aus Hessen "abwerben" konnte. "Er will mit seiner Familie in die Region ziehen und nach der Facharztprüfung weiter hier am Standort praktizieren", erzählt der Arzt.

Mehr Hilfe aus der Politik gewünscht

Aktiv gegen den Facharztmangel vorgehen - das wird im Hunsrück also Realität. "Einfach gemacht wurde mir das aber nicht", kritisiert Schulze. Aus der Politik hätte er sich mehr Hilfe gewünscht.

Der Kontakt mit der KV sei ein "Desaster" gewesen. "Allein für die Übernahme stand ich mit zehn Menschen in Kontakt", kritisiert Schulze die bürokratischen Abläufe. "Blickt man auf die strukturellen Gegebenheiten, ist das aber auch kein Wunder.

Die KV ist zu groß für das einzelne KV-Mitglied." Vielmehr hätte sich Schulze einen "Lotsen" der KV gewünscht. "Es müsste einen zentralen Ansprechpartner geben, der solche Großprojekte gezielt begleitet."

Immerhin handele es sich um eine Praxis, die sonst aus dem Versorgungsatlas gefallen wäre, betont Schulze. Dabei hätte die Schließung auch für ihn Folgen gehabt: Weil Arztpraxen in der Region Mangelware sind, wären Hunderte Neupatienten an ihn herangetreten.

"Mit - in Spitzenzeiten - 280 Patienten pro Tag in drei Sprechzimmern waren wir aber schon an unserem Limit angelangt."

Offen für weitere Übernahmen

Die neue Praxis mit ihren 190 Quadratmetern bot da Potenzial. "Bei einer Neuimmobilie hätte das gigantisch hohe Mietkosten bedeutet", so Schulze. "Und ich hätte eine komplett leere Praxis ausstatten müssen."

Auch aus Patientensicht sei es von Vorteil, vorhandene Strukturen zu nutzen: "Sie gehen lieber in eine Praxis, die sie schon kennen. Arztpraxen müssen ein Ort des Vertrauens bleiben."

Der Landarzt aus Leidenschaft spricht dabei aus Erfahrung. Dass er sich seiner Entscheidung für das Land sicher ist, zeigt auch der Blick in die Zukunft.

"Unsere neue Infrastruktur", sagt Schulze, "ist so angelegt, dass jederzeit weitere Praxen angeschlossen werden könnten."

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Statistisches Bundesamt

Beschäftigte arbeiten 2026 2,4 Arbeitstage mehr

Das könnte Sie auch interessieren
Innovationsforum für privatärztliche Medizin

© Tag der privatmedizin

Tag der Privatmedizin 2025

Innovationsforum für privatärztliche Medizin

Kooperation | In Kooperation mit: Tag der Privatmedizin
Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer und Vizepräsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe, hofft, dass das BMG mit der Prüfung des Kompromisses zur GOÄneu im Herbst durch ist (Archivbild).

© picture alliance / Jörg Carstensen | Joerg Carstensen

Novelle der Gebührenordnung für Ärzte

BÄK-Präsident Reinhardt: Die GOÄneu könnte 2027 kommen

Die Chancen der Vitamin-C-Hochdosis-Therapie nutzen

© Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH

Vitamin-C-Therapie

Die Chancen der Vitamin-C-Hochdosis-Therapie nutzen

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Medizinischer Infusions-Tropf mit buntem Hintergrund

© Trsakaoe / stock.adobe.com

Hochdosis-Therapie

Vitamin C bei Infektionen und Long-COVID

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Maximale Vitamin-C-Blutspiegel nach oraler (blau) und parenteraler (orange) Tagesdosis-Gabe.

© Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH

Vitamin-C-Infusion

Parenterale Gabe erzielt hohe Plasmakonzentrationen an Vitamin C

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Abb. 1: FIB-4 1,3: numerische 26%ige Risikoreduktion der 3-Punkt-MACE durch Semaglutid 2,4mg

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [17]

Kardiovaskuläre, renale und hepatische Komorbiditäten

Therapie der Adipositas – mehr als Gewichtsabnahme

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Novo Nordisk Pharma GmbH, Mainz
Abb. 1: Risikoreduktion durch Bempedoinsäure gegenüber Placebo in der CLEAR-Outcomes-Studie für den primären 4-Komponenten-Endpunkt (A) und den sekundären 3-Komponenten-Endpunkt (B) stratifiziert nach Diabetes-Status

© Springer Medizin Verlag

Diabetes mellitus

Bempedoinsäure: Benefit für Hochrisiko-Kollektive

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Daiichi Sankyo Deutschland GmbH, München
Abb. 1: Studie DECLARE-TIMI 58: primärer Endpunkt „kardiovaskulärer Tod oder Hospitalisierung wegen Herzinsuffizienz“ in der Gesamtkohorte

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [4]

Diabetes mellitus Typ 2

Diabetes mellitus Typ 2 Präventiv statt reaktiv: Bei Typ-2-Diabetes mit Risikokonstellation Folgeerkrankungen verhindern

Sonderbericht | Beauftragt und finanziert durch: AstraZeneca GmbH, Hamburg
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Krebs in Deutschland

Bei zwei Krebsarten nahm die Sterblichkeit am stärksten ab

Geldanlage

Vermögen auf Rezept: Wie sich eine langfristige Finanzplanung auszahlt

Lesetipps
Serotoninkristalle, die ein Muster ergeben.

© Michael W. Davidson / Science Photo Library

Für wen passt was?

Therapie mit Antidepressiva: Auf die Nebenwirkungen kommt es an

Eine junge Frau fasst sich an ihren schmerzenden Ellenbogen.

© Rabizo Anatolii / stock.adobe.com

Laterale Ellbogenschmerzen

Diese sechs Kriterien sprechen gegen einen „Tennisarm“

Die Luftbelastung in Innenräumen mit Reinigungsprodukten betrifft jede Person. Sie beeinflusst unsere Lungenfunktion, und das lebenslang. Diese Gefahr wird unterschätzt. So die Meinung einer Pneumologin aus Italien.

© natali_mis / stock.adobe.com

Verschmutzte Luft

Was Reinigungsmittel in der Lunge anrichten können