Kapital-Anlage

Profi-Investoren sagen dem Schwarzen Gold bereits adé

Der Ukraine-Krieg hat die Preise von Öl und Gas massiv in die Höhe getrieben – und ebenso die Aktienkurse der Förderkonzerne. Für Anleger, die noch in diese Papiere investiert sind, könnte das vor allem eine Chance, jetzt zu lukrativen Konditionen auszusteigen.

Von Richard Haimann Veröffentlicht:
Profi-Investoren sagen dem Schwarzen Gold bereits adé

© Thaut Images - Fotolia

Neu-Isenburg. Russlands Krieg gegen die Ukraine hat die Öl- und Gaspreise massiv in die Höhe getrieben – und mit ihnen die Aktienkurse der Förderkonzerne. Doch die gegenwärtigen Spitzennotierungen könnten sich als letztes Aufbäumen gegen den langfristigen Verfall der fossilen Brennstoffe in die Bedeutungslosigkeit erweisen. Für Anleger, die in Öl-Aktien investiert sind, könnte „ein guter Zeitpunkt sein, die Papiere zu verkaufen“, meinen beispielsweise die Investmentberater des US-Finanzportals Motley Fool.

Die Aussage irritiert. Denn seit Russlands Präsident Putin erst immer größeren Druck auf Kiew ausübte und schließlich seine Truppen die Ukraine überfallen ließ, haben sich Erdgas und das Schwarze Gold massiv verteuert. Der Preis für Öl der Nordsee-Sorte Brent ist seit Mitte Oktober um 45 Prozent gestiegen. Die Erdgas-Notierung hat allein in den vergangenen beiden Monaten um mehr als 32 Prozent zugelegt.

Haushalte hamstern Heizöl

Noch stärker hat sich Kraftstoff in ganz Europa verteuert. Seit Oktober ist an deutschen Zapfsäulen Benzin im Schnitt um 65 Prozent, Heizöl um 66 Prozent und Diesel sogar um 73 Prozent teurer geworden. Dass die Kraftstoffpreise noch stärker zugelegt haben als die Rohölnotierungen, liege daran, dass die Schere zwischen Nachfrage und Angebot weiter auseinander klaffe, sagt ein Sprecher des Mineralöl-Wirtschaftsverbands Fuels und Energie in Berlin.

„Wir registrieren zurzeit eine deutliche höhere Nachfrage nach Kraftstoffen aus osteuropäischen Ländern, die teilweise auch von Deutschland aus bedient wird.“ Zudem würden Haushalte massiv Heizöl hamstern, aus Angst, die Preise könnten im kommenden Herbst noch höher sein. „Gleichzeitig ist das Angebot zurückgegangen, weil die Unternehmen auf eigene Initiative den Ölimport aus Russland reduzieren, auch wenn keine Sanktionen verhängt sind“, sagt der Sprecher.

Diese Gemengelage hat Aktienkurse der Förderkonzerne in die Höhe getrieben. Bei der britischen Ölgesellschaft Shell beträgt das Plus in den vergangenen drei Monaten mehr als 20 Prozent. Die Aktien des US-Konkurrenten ExxonMobil und des norwegischen Energiekonzerns Equinor, früher Statoil, sind um jeweils mehr als 30 Prozent gestiegen, die des US-Giganten Chevron sogar um mehr als 40 Prozent.

Doch der hohe Preisanstieg beschleunigt zugleich die Abkehr von Öl und Gas. Die EU-Staaten arbeiten seit Jahren daran, fossile Brennstoffe durch erneuerbare Energien und Wasserstoff zu ersetzen, um das bei der Verbrennung von Öl und Gas entstehende Treibhausgas Kohlendioxid, CO2, zu reduzieren. Diese Woche hat die EU-Kommission die Bereitstellung weiterer Milliardenbeträge angekündigt, um den schnellen Umstieg auf alternative Energien zu unterstützen. Ziel sei es, die Abhängigkeit der Mitgliedsstaaten „von fossilen Brennstoffen, auch von solchen aus Russland, zu verringern, indem sie in saubere Energiequellen und energieeffiziente Technologien investieren“, sagt EU-Reformkommissarin Elisa Ferreira.

„Jedes Gramm weniger CO2 zählt jetzt“, sagt Heiko Löschen, Vermögensverwalter bei GSP Asset Management in Münster. „Sich mit dem Thema Nachhaltigkeit auseinanderzusetzen, wird für Anleger immer wichtiger“, sagt Claus Walter, Geschäftsführer der Freiburger Vermögensmanagement in der Breisgaustadt.

Regenerative Energien im Fokus

Profiinvestoren stellen bereits ihre Aktienportfolios entsprechend um. Das zeigt eine eben veröffentlichte Umfrage des niederländischen Asset Managers Robeco, der 199 Milliarden Euro Anlagevermögen verwaltet. Danach ist für 75 Prozent der 300 befragten institutionellen Investoren – Fondsgesellschaften, Pensionskassen und Versicherungen mit einem Gesamtvermögen von 21,46 Billionen Euro – der Schutz vor dem Klimawandel und der Ausstieg aus fossilen Energien zentraler Teil ihrer Anlagestrategie. Investoren hätten erkannt, dass sie „die Ärmel hochkrempeln und dringend handeln müssen“, so Lucian Peppelenbos, Klimastratege bei Robeco.

Die Konsequenzen spiegelt die Entwicklung der Aktienkurse der Ölkonzerne in den jüngsten Tagen wieder: Seit der zweiten Märzwoche hat das Papier von ExxonMobil zeitweise wieder mehr als 16 Prozent verloren, die Chevron-Aktie bis zu neun Prozent, die des französischen Ölkonzerns Total mehr als fünf Prozent.

Anlegern, denen Ölwerte deshalb riskant erscheinen, könnten sich derzeit noch „zu guten Konditionen“ von diesen Aktien trennen, argumentieren die Motley-Fool-Berater. Reinvestiert werden könnte das Kapital in Fonds, die auf Erzeuger regenerativer Energien und deren Zulieferer setzen – oder auf ausgewählte Einzeltitel. Zu diesen zählt Stefan Wallrich, Vorstand des Vermögensverwalters Wallrich Asset Management in Frankfurt, Batteriehersteller wie PlugPower und den deutschen Energieversorger RWE, der massiv in Windparks und Wasserstoffprojekte investiert.

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