„Gesundes China 2030“

Reich der Mitte verspricht Pharma große Absatzchancen

Um die Gesundheit ihrer Einwohner effizienter zu schützen, erleichtert Chinas Regierung ausländischen Pharmaunternehmen den Zugang zum Marktm massiv. Das treibt deren Umsätze, Gewinne und Dividenden.

Von Richard Haimann Veröffentlicht:
Krankenhausapotheke in China: Mit der Kaufkraft wächst auch die Nachfrage nach ausländischen Originalpräparaten.

Krankenhausapotheke in China: Mit der Kaufkraft wächst auch die Nachfrage nach ausländischen Originalpräparaten.

© xixinxing / stock.adobe.com

Neu-Isenburg. Für Elisabeth Staudinger, Präsidentin von Siemens Healthineers Asia-Pacific, ist China der Markt der Zukunft für die Pharmaindustrie: „Die umfassende Reform des Gesundheitssystems, das im Fünfjahresplan der Regierung bis 2025 vorgesehen ist, signalisiert großes Wachstumspotenzial.“ Mit dieser Einschätzung steht sie nicht allein. „Der chinesische Markt wird zu einem entscheidenden Wachstumstreiber für neue Medikamente und der gesamten Pharmabranche“, sagt Julian Bösch, Portfolio-Manager bei Lunis Vermögensmanagement in Frankfurt am Main. Dies biete in den kommenden Jahren westlichen, börsennotierten Herstellern von Gesundheitstechnik und Erzeugern von Arzneimitteln die Chance, Umsätze, Gewinne und Dividenden deutlich zu steigern, was deren Aktienkurse beflügeln dürfte.

„Der aktuell etwa 24,65 Milliarden Euro schwere chinesische Markt für biopharmazeutische Arzneimittel könnte bis zum Jahr 2030 auf 65,7 Milliarden Euro anwachsen“, prognostiziert Bösch. Damit sei der Markt zwar kleiner als der 123 Milliarden Euro schwere Arzneimittelmarkt in der EU. Aber die Wachstumsraten in China seien deutlich höher.

Marktzugang deutlich erleichtert

In der Vergangenheit hatte China ausländischen Unternehmen nur sehr begrenzt Zugang zu seinem Gesundheitsmarkt gewährt. „Zulassungszeiten von bis zu sieben Jahren und mangelnde Klarheit über Studiendesigns und zulassungsrelevante klinische Endpunkte haben es schwierig gemacht, Arzneimittel in China auf den Markt zu bringen“, sagt Bösch. „Internationale Unternehmen mussten Studien erst im Ausland abschließen, bevor sie die Genehmigung für eine klinische Phase-I-Studie in China erhielten.“

Das hat sich geändert. Bereits 2019 hat die Regierung in Peking die neue Richtlinie „Gesundes China 2030“ verabschiedet. Seit Ausbruch der Corona-Pandemie im vergangenen Jahr wurde die Reform nochmals beschleunigt, um das Gesundheitssystem in dem mit 1,4 Milliarden Einwohnern zählenden bevölkerungsreichsten Land der Welt zu verbessern. Ausländischen Pharmaunternehmen wurde dabei der Zugang zum Markt deutlich erleichtert.

Absatzsteigerungen für westliche Unternehmen

Zwar sind sie weiterhin gezwungen, Joint-Ventures mit chinesischen Unternehmen einzugehen. 2020 ist jedoch die Verpflichtung gefallen, dass die Direktoren der chinesischen Partnerfirmen alle Entscheidungen absegnen müssen. „Der Wegfall dieser Beschränkungen ermöglicht es nunmehr, die Organisationsstruktur von Joint-Ventures flexibler an die Bedürfnisse der Gesellschafter anzupassen“, heißt es in einer Analyse der ADWA – Allianz deutscher Rechtsanwälte in Asien.

Der chinesische Markt wird zu einem entscheidenden Wachstumstreiber für neue Medikamente und der gesamten Pharmabranche.

Julian Bösch, Portfolio-Manager bei Lunis Vermögensmanagement in Frankfurt am Main

Die Öffnung des chinesischen Marktes hat westlichen Branchenunternehmen bereits zu deutlichen Absatzsteigerungen verholfen. Siemens Healthineers verzeichnete im vierten Quartal 2020 beim Absatz seiner diagnostischen und therapeutischen Geräte im Reich der Mitte einen Zuwachs von 25 Prozent auf 1,9 Milliarden Euro gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres. Damit wuchs das Geschäft des Unternehmens in China rund doppelt so stark wie in den übrigen Weltregionen.

Novartis konnte 2020 seinen Umsatz in China um 16 Prozent auf umgerechnet 2,14 Milliarden Euro steigern, gegenüber einem Zuwachs von drei Prozent im globalen Gesamtgeschäft. „Bis 2024 wollen wir mit 50 neu zugelassenen Medikamenten den Umsatz in China verdoppeln“, sagt Marie-France Tschudin, Präsidentin von Novartis Pharmaceuticals, der für den asiatischen Markt zuständigen US-Tochter des Schweizer Konzerns.

Genehmigungsbehörde reformiert

Nicht nur für Novartis, sondern auch deren Mitbewerber stünden die Chancen gut, dass die Zulassungsverfahren zügig abgeschlossen werden, sagt Bösch. „Die reformierte Genehmigungsbehörde benötigt derzeit nur etwa 120 Tage für die Prüfung von klinischen Studienanträgen und 200 Tage für die Prüfung von Zulassungsanträgen.“

Anleger, die am Wachstum des chinesischen Gesundheitsmarktes partizipieren wollen, können dies entweder über Aktien von Unternehmen, die bereits stark vor Ort aktiv sind. Oder sie setzen auf einen Fonds, der breit in internationale Pharmakonzerne investiert. „In den kommenden Jahren werden immer mehr westliche Unternehmen in den chinesischen Gesundheitsmarkt einsteigen“, sagt Bösch.

Das am längsten in China aktive Pharmaunternehmen ist der US-Konzern Johnson & Johnson, der bereits 1979 über ein Joint-Venture in den Markt eingestiegen ist. „China ist unser größter Wachstumsmarkt“, sagt Johnson & Johnson-Direktor Alex Kopitsas. Der britisch-schwedische Mitbewerber AstraZeneca ist seit 1993 in China und beschäftigt als einer der größten internationalen Pharmakonzerne im Land dort inzwischen mehr als 18.000 Mitarbeiter.

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