Schwangerschaft als Karrierekiller? Bundesarbeitsgericht stärkt Frauen

Schadenersatz wegen Benachteiligung bei der Stellenvergabe, das kann auch Praxischefs treffen.

Martin WortmannVon Martin Wortmann Veröffentlicht:

ERFURT (mwo). Schwangerschaft als Karrierekiller? Auch im Gesundheitswesen ist dies wegen des hohen Anteils weiblicher Beschäftigter ein zentrales Thema. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt hat jetzt Frauen den Rücken gestärkt, die Schadenersatz wegen Diskriminierung geltend machen wollen. Den bundesweit beachteten Beförderungsstreit beim Musikriesen Sony schickte das BAG aber in die dritte Runde.

Geklagt hatte eine frühere Abteilungsleiterin im Bereich "International Marketing" bei Sony BMG, heute Sony Music Entertainment. Während ihrer Schwangerschaft wurde 2005 die Stelle ihres Chefs frei - und mit einem der beiden männlichen Abteilungsleiter-Kollegen besetzt. Als sie zurückfragte, die Stelle sei doch eigentlich ihr schon versprochen gewesen, wurde ihr nach eigenen Angaben erklärt, sie solle sich jetzt doch erst mal auf ihr Kind freuen.

Das Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg konnte in bereits zwei Entscheidungen keine Diskriminierung erkennen. Das BAG hob das Berliner Urteil nun zum zweiten Mal auf. Das LAG hänge die Hürden für die Frauen zu hoch. Eine Schwangerschaft allein könne zwar noch nicht eine Diskriminierung belegen, an weitere Indizien seien aber "keine strengen Anforderungen zu stellen".

Dabei geht es um die sogenannte Beweislastumkehr. Zunächst muss nämlich die Arbeitnehmerin Belege für eine Diskriminierung beibringen. Sind die handfest genug, ist danach aber der Arbeitgeber am Zug: Nicht mehr sie muss ihre Diskriminierung abschließend beweisen, sondern er, dass die Stelle diskriminierungsfrei besetzt wurde.

Diese formale Frage gilt als entscheidend dafür, ob Schadenersatzansprüche wegen Diskriminierung überhaupt durchsetzbar sind. Denn bei Einstellungen und Beförderungen müssen Praxischefs und andere Arbeitgeber keine Gründe für eine Ablehnung nennen.

Im Fall der Sony-Managerin hat das LAG die von ihr vorgebrachten Indizien für eine Diskriminierung nicht ausreichend gewürdigt und damit eine mögliche Beweislastumkehr nicht ernsthaft geprüft, urteilten die BAG-Richter jetzt.

Entsprechend hatten die obersten Arbeitsrichter bereits 2008 zum ersten LAG-Urteil in dieser Sache entschieden. Jetzt soll sich daher ein anderer Senat in Berlin neu mit dem Fall befassen.

Az.: 8 AZR 438/09

Mehr zum Thema

Kritik an „Suizidtourismus“ in den USA

Mehrere US-Bundesstaaten wollen Beihilfe zum Suizid erlauben

Glosse

Die Duftmarke: Frühlingserwachen

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen
Lesetipps
Ulrike Elsner

© Rolf Schulten

Interview

vdek-Chefin Elsner: „Es werden munter weiter Lasten auf die GKV verlagert!“