Schwangerschaft als Karrierekiller? Bundesarbeitsgericht stärkt Frauen
Schadenersatz wegen Benachteiligung bei der Stellenvergabe, das kann auch Praxischefs treffen.
Veröffentlicht:ERFURT (mwo). Schwangerschaft als Karrierekiller? Auch im Gesundheitswesen ist dies wegen des hohen Anteils weiblicher Beschäftigter ein zentrales Thema. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt hat jetzt Frauen den Rücken gestärkt, die Schadenersatz wegen Diskriminierung geltend machen wollen. Den bundesweit beachteten Beförderungsstreit beim Musikriesen Sony schickte das BAG aber in die dritte Runde.
Geklagt hatte eine frühere Abteilungsleiterin im Bereich "International Marketing" bei Sony BMG, heute Sony Music Entertainment. Während ihrer Schwangerschaft wurde 2005 die Stelle ihres Chefs frei - und mit einem der beiden männlichen Abteilungsleiter-Kollegen besetzt. Als sie zurückfragte, die Stelle sei doch eigentlich ihr schon versprochen gewesen, wurde ihr nach eigenen Angaben erklärt, sie solle sich jetzt doch erst mal auf ihr Kind freuen.
Das Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg konnte in bereits zwei Entscheidungen keine Diskriminierung erkennen. Das BAG hob das Berliner Urteil nun zum zweiten Mal auf. Das LAG hänge die Hürden für die Frauen zu hoch. Eine Schwangerschaft allein könne zwar noch nicht eine Diskriminierung belegen, an weitere Indizien seien aber "keine strengen Anforderungen zu stellen".
Dabei geht es um die sogenannte Beweislastumkehr. Zunächst muss nämlich die Arbeitnehmerin Belege für eine Diskriminierung beibringen. Sind die handfest genug, ist danach aber der Arbeitgeber am Zug: Nicht mehr sie muss ihre Diskriminierung abschließend beweisen, sondern er, dass die Stelle diskriminierungsfrei besetzt wurde.
Diese formale Frage gilt als entscheidend dafür, ob Schadenersatzansprüche wegen Diskriminierung überhaupt durchsetzbar sind. Denn bei Einstellungen und Beförderungen müssen Praxischefs und andere Arbeitgeber keine Gründe für eine Ablehnung nennen.
Im Fall der Sony-Managerin hat das LAG die von ihr vorgebrachten Indizien für eine Diskriminierung nicht ausreichend gewürdigt und damit eine mögliche Beweislastumkehr nicht ernsthaft geprüft, urteilten die BAG-Richter jetzt.
Entsprechend hatten die obersten Arbeitsrichter bereits 2008 zum ersten LAG-Urteil in dieser Sache entschieden. Jetzt soll sich daher ein anderer Senat in Berlin neu mit dem Fall befassen.
Az.: 8 AZR 438/09