Anlagen-Kolumne
Sternstunde der Orphan Drugs rückt näher
Von Hanno Kühn
In den achtziger Jahren wurden zahlreiche Medikamente entwickelt, die für eine breite Anwendung bei Volkskrankheiten wie Bluthochdruck oder zu hohem Cholesterinspiegel bestimmt waren.
Unterdessen lag die Erforschung von Arzneimitteln für seltene Krankheiten brach - aus Kostengründen, denn weltweit tätige Pharmahersteller sahen wenig Marktpotenzial.
Das war die Chance für kleine und mittlere Biotechunternehmen, in das Segment der "Orphan Drugs" vorzustoßen.
Mit dem "Orphan Drug Act" in den USA (1983) und der "Verordnung für Arzneimittel für seltene Leiden" in der EU (2000) änderten sich die Voraussetzungen für das Marktsegment grundlegend.
Boom in den Forschungsabteilungen
Für einen Teil der rund 6000 bis 8000 bisher erfassten seltenen Krankheiten wurde die Zulassung der Wirkstoffe beschleunigt, die Behandlungskosten je Patient stiegen und der Patentschutz gilt für zehn Jahre nach erfolgter Zulassung.
Der nachfolgende Boom in den Forschungs- und Entwicklungsabteilungen ist an den steigenden Umsätzen dieses Segments abzulesen: 1998 wurden weltweit zwölf Milliarden US-Dollar mit Orphan Drugs umgesetzt, 2012 waren es schon 83 Milliarden US-Dollar und damit fast sieben Mal so viel. Und für 2018 wird nach aktuellen Prognosen von Evaluate Pharma ein Umsatz von mehr als 127 Milliarden US-Dollar erwartet.
Wegen ihrer Erfolge rückten die spezialisierten Biotechunternehmen zunehmend in den Fokus der Pharmakonzerne, die die "Waisen" nur allzu gern in ihre Produktfamilien aufnehmen.
Die Akquisitionen in den letzten Jahren brachten den börsennotierten Orphan-Drug-Entwicklern deshalb bereits ordentliche Bewertungsaufschläge.
Das Segment der seltenen Krankheiten ist aber längst noch nicht ausgeschöpft, die Neuentwicklungen gehen weiter. Das sorgt für jede Menge Übernahmefantasie am Markt und beflügelt die Kurse - die Aktionäre freut's.