Nordrhein

Streit über Pauschalen nach Prüfung belastet Sozialgerichte

Streitigkeiten zwischen Kliniken und Kassen bereiten den Sozialgerichten in Nordrhein-Westfalen Kummer. Bei Vertragsärzten geht es dagegen eher friedlich zu.

Ilse SchlingensiepenVon Ilse Schlingensiepen Veröffentlicht:

ESSEN. Bei den Sozialgerichten in Nordrhein-Westfalen haben die Verfahren im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung 2015 drastisch zugenommen. Hauptgrund sind Abrechnungsstreitigkeiten zwischen Kliniken und Kassen, unter anderem über die Aufwandspauschalen bei nicht erfolgreichen Prüfungen durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK). Mit Auseinandersetzungen zwischen Vertragsärzten und Kassenärztlichen Vereinigungen müssen sich die Sozialrichter dagegen immer seltener beschäftigen.

Wenn es nach der Überprüfung der Krankenhausrechnungen durch den MDK nicht zu einer Minderung des Rechnungsbetrages kommt, muss die Krankenkasse der Klinik pauschal 300 Euro zahlen. Der 3. Senat des Bundessozialgerichts (BSG) hatte in der Vergangenheit die Anforderungen an die Prüfungen genau festgezurrt, berichtete der Präsident des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen (LSG) Joachim Nieding in Essen.

Der 1. BSG-Senat habe das Prüfregime dann aber geändert und entschieden, dass die Aufwandspauschale nur bei wirtschaftlichen Prüfungen fällig wird, nicht aber bei sachlich-rechnerischen Prüfungen. Bei Letzteren geht es etwa um die Frage, ob Diagnosen oder Kodierungen stimmen.

Pauschale nach jeder Prüfung

Diese Differenzierung, die bei den Kliniken zu großer Verärgerung geführt hat, ist seit Jahresanfang hinfällig geworden. Der Gesetzgeber hat in Paragraf 275, Absatz 1c SGB V klar geregelt, dass die Kassen die Pauschale nach jeder Prüfung zahlen müssen, die ohne Beanstandung bleibt. "Das Problem ist für die Zukunft geklärt, für die Vergangenheit allerdings nicht", sagte Nieding.

Die eine oder andere Kasse sei nämlich der Auffassung, dass sie die Pauschale zu Unrecht gezahlt hat. "Eine große Krankenkasse hat die Pauschale zurückgefordert mit der Begründung, dass es nicht um eine wirtschaftliche, sondern eine sachlich-rechnerische Prüfung gegangen sei." Offensichtlich handelt es sich dabei um die AOK Rheinland/Hamburg.

Generell hat die Zahl der Abrechnungsstreitigkeiten zwischen Kliniken und Kassen stark zugenommen. Nieding führt das auf die enger werdenden finanziellen Rahmenbedingungen in der Krankenhauslandschaft in NRW zurück. Im Jahr 2015 gingen bei den acht Sozialgerichten des Landes 10.123 Klagen zur Krankenversicherung ein. Das war ein Anstieg um 25,8 Prozent.

Beim LSG als zweiter Instanz gingen im vergangenen Jahr 793 Berufungen und Beschwerden zur GKV ein, eine Zunahme um genau sieben Prozent. Die Zahl der Verfahren im Kassenarzt- und Kassenzahnarztrecht waren 2015 dagegen erneut rückläufig. Bei den Sozialgerichten gab es hier ein Minus von 7,4 Prozent auf 660. Das LSG verzeichnete 91 Eingänge, das waren 15,7 Prozent weniger als 2014. Über die Gründe für diese Entwicklung konnte Nieding nichts sagen.

Zahl der Verfahren geht zurück

Insgesamt registrierten die Sozialgerichte im bevölkerungsstärksten Bundesland im vergangenen Jahr 82.309 Eingänge, ein Rückgang um 1,4 Prozent.

Der mit Abstand stärkste Bereich waren erneut die Verfahren zur Grundsicherung für Arbeitssuchende, das sogenannte Hartz IV (minus 2,5 Prozent auf 27.772), gefolgt vom Schwerbehindertenrecht (minus 8,7 Prozent auf 15.024) und der Rentenversicherung (minus 3,7 Prozent auf 12.436). 40,9 Prozent der Verfahren endeten mit einem vollen oder teilweisen Erfolg für die Versicherten oder Leistungsberechtigten.Beim LSG sank die Zahl der Eingänge 2015 um 2,7 Prozent auf 6751. In der zweiten Instanz betrug die Erfolgsquote lediglich 27 Prozent.

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