Baden-Württemberg

Telemedizin soll Scharnierfunktion ausüben

Baden-Württemberg verstärkt die Förderung der Telemedizin. Ziel ist die Verzahnung evidenzbasierter Medizin mit telemedizinischen Anwendungen. Die Ergebnisse sollen helfen, die Behandlung im Versorgungsalltag zu optimieren.

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STUTTGART. Evidenzbasierte Medizin und Telemedizin - wie lassen sich die beiden Ansätze sinnvoll verzahnen? Dieser Fragestellung gehen Experten im Süden nach.

Denn seit Juni dieses Jahres fördert das baden-württembergische Wissenschaftsministerium in Zusammenarbeit mit dem Sozialministerium nach eigenen Angaben mit insgesamt rund 550.000 Euro zwei erste Transferforschungsprojekte, die Innovationen in der Telemedizin dazu nutzen wollen, stationäre und ambulante Angebote auf regionaler Ebene zum Wohle des Patienten zu verzahnen.

Triebfeder Demografiewandel

Die beiden Ministerien verbinden mit ihrer Entscheidung zur Förderung der beiden Projekte klare Zielvorstellungen. So sagt zum Beispiel Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne): "Als Antwort auf den demografischen Wandel müssen wir neue Wege beschreiten und vorhandenes Potenzial bestmöglich nutzen. Wir wollen helfen, innovative telemedizinische Lösungen zu entwickeln beziehungsweise weiterzuentwickeln und sie standardisiert in die Patientenversorgung zu integrieren. Hier ist die Kooperation von Medizin, Informatik und Ingenieurwissenschaften gefragt. Mithilfe der Telemedizin sollen stationäre und ambulante Angebote auf regionaler Ebene verzahnt und die Qualität der Versorgung auch im ländlichen Raum sichergestellt werden."

Für das Programm "Anwendungsorientierte Transferforschung Telemedizin" stehen laut Ministerien insgesamt 2,8 Millionen Euro aus Mitteln der Zukunftsoffensive III zur Verfügung. Entscheidend für die Auswahl der zwei Leittransferprojekte sei unter anderem gewesen, dass sie sich jeweils den hohen Anforderungen der evidenzbasierten Medizin stellen wollen - eine Voraussetzung dafür, dass diese Versorgungskonzepte später in die GKV-Regelversorgung aufgenommen werden können.

Das Verbundforschungsprojekt "Nutzenbewertung der Telemedizin als Unterstützung für die ambulante geriatrische Betreuung" solle in einer zehnmonatigen ersten Projektphase die Bedürfnisse und Anforderungen eines telemedizinischen Ansatzes sowie die technische Machbarkeit im ambulanten Bereich pflegebedürftiger multimorbider geriatrischer Patienten analysieren.

Das Projekt werde vom Robert-Bosch-Krankenhaus und Dr. Margarete Fisch-Bosch-Institut für Klinische Pharmakologie, Stuttgart, geleitet und gemeinsam mit der nubedian GmbH, Karlsruhe bearbeitet.

Nubedian ist ein aus dem FZI Forschungszentrum Informatik, Karlsruhe, ausgegründetes Start-Up-Unternehmen, das bereits im Rahmen des Programms "Junge Innovatoren" vom Wissenschaftsministerium gefördert wurde. Als weiterer Projektpartner bringe die Robert Bosch HealthCare GmbH ihre langjährige Expertise im Bereich der Telemedizin beratend ein, heißt es.

Das Projekt solle zeigen, ob telemedizinische Innovationen die Betreuung von älteren Menschen mit chronischen Erkrankungen sinnvoll unterstützen können.

Sicherer Datenaustausch

Das Verbundforschungsprojekt "SMARTY" hat nach Ministeriumsaussage die Einführung einer "Social Medical Application Platform" (SMAP) für eine sichere Kommunikation zwischen Ärzten, Patienten und Angehörigen am Beispiel der Betreuung von Kindern mit Mukoviszidose, Luftröhrenschnitt mit Dauerbeatmung und Kindern mit chronischen Leber- und Darmerkrankungen und nach Organtransplantationen zum Ziel.

Am Beispiel dieser drei seltenen Erkrankungen im Kindesalter solle an der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendmedizin in Tübingen eine neue Form der interdisziplinären Kommunikation via Internet zum Austausch von medizinischen Befunden, aktuellen Problemstellungen und klinischen Fragen eingeführt, getestet und der Nutzen und Erfolg der Plattform gemessen werden.

"Bisher konnten sich Patienten, Angehörige und Behandlungsteam nur mit erheblichem Aufwand für alle Beteiligten persönlich, postalisch, telefonisch oder per Fax über aktuell notwendige therapeutische Maßnahmen austauschen. Hier kann Telemedizin eine Entlastung für alle Beteiligten bringen", ist Sozialministerin Katrin Altpeter (SPD) überzeugt.

Im Rahmen dieses Projektes solle Ärzten, Patienten und Angehörigen in Zusammenarbeit mit dem Unternehmen careon eine SMAP zur zeitnahen und datenschutzrechtlich sicheren Kommunikation zur Verfügung gestellt werden. Die SMAP diene als eine gesicherte Online-Plattform, auf der sich die zugelassenen Teilnehmer direkt kontaktieren können, um vor allem datenschutzrelevante Untersuchungsergebnisse, Behandlungsdaten und Informationen zeitversetzt auszutauschen.

Übrigens müssten hierfür nicht sämtliche Teilnehmer gleichzeitig online sein, sondern könnten die Nachrichten, die in den virtuellen Behandlungsraum gestellt werden, auch beim nächsten Besuch abrufen, heißt es. (maw)

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