BGH-Urteil

Therapie verweigert - Betreuung legitim

BGH: Behandlungsverweigerung kann Betreuung auch außerhalb einer geschlossenen Einrichtung rechtfertigen. Bei der Dokumentation gibt es aber einiges zu beachten.

Veröffentlicht:

KARLSRUHE. Verweigert ein psychisch Kranker kategorisch eine notwendige medizinische Behandlung, rechtfertigt dies eine rechtliche Betreuung im Bereich Gesundheitssorge.

Entgegen verbreiteter Meinung muss die betreffende Person hierfür nicht in einer geschlossenen Einrichtung untergebracht sein, wie der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe in einem aktuell veröffentlichten Beschluss entschied.

Danach reicht es aus, wenn die Person krankheitsbedingt nicht für seine gesundheitlichen Angelegenheiten sorgen kann.

In Verbindung mit einer vorausgegangenen Entscheidung führt dies zu einem zweistufigen Verfahren, um notfalls auch eine Zwangsbehandlung durchzusetzen. Wie berichtet hatte der BGH bereits entschieden, dass psychisch Kranke erst dann zwangsbehandelt werden dürfen, wenn zuvor erfolglos versucht wurde, sie von der Notwendigkeit einer Behandlung zu überzeugen.

Notwendig sei intensive und auch ausreichend dokumentierte Überzeugungsversuche über längere Zeit. Schon nach diesem Beschluss sollte sich der im konkreten Fall bereits vorhandene Betreuer an der Überzeugungsarbeit beteiligen. Nunmehr hat der BGH dies zur Voraussetzung gemacht.

Im neuen Fall verweigerte eine 64-jährige schizophrene Frau jegliche Behandlung. Ihr Ehemann regte die Einrichtung einer Betreuung für den Aufgabenkreis der Gesundheitssorge an. Amtsgericht und Landgericht Zwickau lehnten dies ab.

Die Einrichtung einer Betreuung gegen den Willen des Betroffenen sei nur möglich, wenn gleichzeitig die Unterbringung in einer geschlossenen Einrichtung zumindest in Betracht komme.

Dem widersprach nun der BGH. Die Frau bedürfe einer medizinischen Behandlung, "für die sie wegen fehlender Krankheitseinsicht nicht selbst sorgen kann".

Dass sie sich nachhaltig einer Heilbehandlung widersetze, schließe eine Betreuung nicht aus. Denn der Betreuer könne sie immer noch von der Notwendigkeit einer Behandlung überzeugen. (mwo)

Urteil des BGH: Az.: XII ZB 305/14 (Betreuung) und XII ZB 169/14 (Zwangsbehandlung)

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema
Das könnte Sie auch interessieren
Was die MS-Behandlung auszeichnet

© Suphansa Subruayying | iStock

Lebensqualität

Was die MS-Behandlung auszeichnet

Anzeige | Merck Healthcare Germany GmbH
Unsichtbare MS-Symptome im Fokus

© AscentXmedia | iStock

Lebensqualität

Unsichtbare MS-Symptome im Fokus

Anzeige | Merck Healthcare Germany GmbH
Prognostizierbares Therapieansprechen?

© Stockbyte | gettyimages (Symbolbild mit Fotomodellen)

Antidepressiva

Prognostizierbares Therapieansprechen?

Anzeige | Bayer Vital GmbH
Depression und Schmerz gehen häufig Hand in Hand

© brizmaker | iStock (Symbolbild mit Fotomodell)

Depressionsscreening

Depression und Schmerz gehen häufig Hand in Hand

Anzeige | Bayer Vital GmbH
Kommentare
Sonderberichte zum Thema
7-Jahres-Daten belegen günstiges Nutzen-Risiko-Profil von Ofatumumab

© Vink Fan / stock.adobe.com

Aktive schubförmige Multiple Sklerose

7-Jahres-Daten belegen günstiges Nutzen-Risiko-Profil von Ofatumumab

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Novartis Pharma GmbH, Nürnberg

ADHS im Erwachsenenalter

Wechseljahre und ADHS: Einfluss hormoneller Veränderungen auf Symptomatik und Diagnose

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: MEDICE Arzneimittel Pütter GmbH & Co. KG, Iserlohn
Neue Ansätze zur Behandlung seltener Krankheitsbilder

© Dr_Microbe / stock.adobe.com

Entwicklungen in der Therapie neuromuskulärer Erkrankungen

Neue Ansätze zur Behandlung seltener Krankheitsbilder

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Roche Pharma AG, Grenzach-Wyhlen
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

„ÄrzteTag“-Podcast

Wie erkenne ich Schmerzen bei Menschen mit Demenz, Professorin Miriam Kunz?

Systematisches Review und Metaanalyse

Antidepressiva absetzen: Welche Strategie ist am wirksamsten?

Lesetipps
Übersichtsarbeit: Wie wirken Hochdosis-, rekombinante und mRNA-Vakzinen verglichen mit dem Standardimpfstoff?

© Sasa Visual / stock.adobe.com

Übersichtsarbeit zu Grippeimpfstoffen

Influenza-Vakzinen im Vergleich: Nutzen und Risiken

Serotoninkristalle, die ein Muster ergeben.

© Michael W. Davidson / Science Photo Library

Für wen passt was?

Therapie mit Antidepressiva: Auf die Nebenwirkungen kommt es an