Urteil

Transfer von Eizellenspenden im Vorkernstadium verboten

Eizellen im Vorkernstadium sind noch nicht befruchtet: Die Feststellung des Bayerischen Höchstgerichts bedeutet ein Verbot der Abgabe dieser Eizellen an andere Frauen. Für zwei Ärzte geht der Prozess nun weiter.

Martin WortmannVon Martin Wortmann Veröffentlicht: | aktualisiert:
Eizellen vor der Kryokonservierung: Unbefruchtete Zellen dürfen nicht an andere Frauen vermittelt werden, so ein Urteil.

Eizellen vor der Kryokonservierung: Unbefruchtete Zellen dürfen nicht an andere Frauen vermittelt werden, so ein Urteil.

© Rainer Jensen/dpa

München. Reproduktionsmediziner dürfen Eizellen im 2-PN-Stadium nicht mehr für die künstliche Befruchtung einer anderen Frau verwenden. Denn diese Eizellen sind noch nicht befruchtet, wie jetzt das Bayerische Oberste Landesgericht entschied. Das Einsetzen und „Befruchten“ bei einer anderen Frau sei daher strafbar.

Das Netzwerk Embryonenspende mit Sitz im bayerischen Dillingen hatte solche im Vorkernstadium kryokonservierte, von anderen Behandlungen dann aber dauerhaft übrig gebliebene Eizellen an kinderlose Paare vermittelt, etwa an Paare mit doppelter Zeugungsunfähigkeit. Andernfalls, so der Verein, kämen diese Eizellen einfach in den Müll.

Drei teils schon im Ruhestand befindliche Reproduktionsmediziner aus dem Vereinsvorstand, darunter zwei an solchen Behandlungen auch beteiligte Ärzte, müssen sich dafür vor Gericht verantworten.

2-PN-Stadium noch kein Embryo

Klage-Grund ist eine Vorschrift des Embryonenschutzgesetzes. Danach wird mit einer Geldstrafe oder bis zu drei Jahren Haft bestraft, „wer es unternimmt, eine Eizelle zu einem anderen Zweck künstlich zu befruchten, als eine Schwangerschaft der Frau herbeizuführen, von der die Eizelle stammt“.

In der Vorinstanz war das Landgericht Augsburg allerdings davon ausgegangen, dass Eizellen im Vorkernstadium bereits befruchtet sind, weil die genetischen Anlagen der beteiligten Ei- und Samenzelle bereits feststehen. Die Meinung, die Befruchtung sei erst mit der Verschmelzung der Zellkerne abgeschlossen, sei „überholt“. Weil nach dieser Lesart die von dem Verein vermittelten Eizellen schon befruchtet waren und nicht erst durch das Tun der Angeklagten befruchtet wurden, sprach das Landgericht sie frei.

Demgegenüber entschied nun das Oberste Landesgericht, dass Eizellen im 2-PN-Stadium „noch nicht zu Embryonen fortentwickelt sind“. Die Befruchtung sei „nicht bereits mit dem Eindringen der Samenzelle erschöpft“. Ihre Verwendung zur Herbeiführung der Schwangerschaft setze daher ihre Befruchtung voraus. Dies sei bei einer anderen Frau „nach geltendem Recht strafbar“.

Rettungsanker Verbotsirrtum

In einer Mitteilung des Gerichts heißt es weiter: „Jede Handlung, die die Entstehung eines Embryos künstlich fördert, stellt ein ‚Befruchten‘ im Sinne der Strafnorm dar. Wird sie zu dem Zweck vorgenommen, die Schwangerschaft einer fremden Frau herbeizuführen, handelt es sich um eine strafbare Handlung, wohingegen die Übertragung eines bereits entstandenen Embryos nach der gesetzgeberischen Entscheidung straflos ist.“

Nach dem Münchener Urteil könnten die Angeklagten aber dennoch straffrei bleiben, wenn sie sich in einem „unvermeidbaren Verbotsirrtum“ befunden haben. Eine andere Strafkammer des Landgerichts Augsburg soll daher nun neu über den Streit entscheiden und dabei auch klären, „welche Vorstellungen sich die Angeklagten vom Zustand der Zellen gemacht haben“.

Der Deutsche Ärztinnenbund bedauerte das Urteil und forderte „eine neue, zeitgemäße Regelung für Fragen der Reproduktionsmedizin“. Embryonenspenden wie hier seien „eine wünschenswerte Möglichkeit für Paare mit langem unerfülltem Kinderwunsch, doch noch ein Kind zu bekommen“, erklärte Gabriele du Bois, Fachärztin für Humangenetik und Vorsitzende des DÄB-Ethikausschusses, in Berlin.

Immerhin habe das Oberste Landesgericht bestätigt, dass befruchtete Eizellen mit verschmolzenen Zellkernen weitergegeben werden dürfen. Von den imprägnierten Eizellen im 2-PN-Stadium gebe es jedoch weit mehr.

Bayerisches Oberstes Landesgericht, Az.: 206 StRR 1461/19

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