Abrechnung

Trotz Pandemie: Krankenkassen überziehen Ärzte mit Prüfungen

Vertragsärzte müssen sich zunehmend mit Prüfanträgen der Krankenkassen herumschlagen. In Bayern traf es im Pandemiejahr 2020 fast jede zweite Praxis. Nicht nur die KV Bayerns will jetzt die Kassen bremsen.

Von Sylvia Hubele Veröffentlicht:
Riesen Aufwand – und das für ein paar Euro. Die Prüfaktivitäten der Krankenkassen machen nicht nur Ärzten in Bayern viel Arbeit.

Riesen Aufwand – und das für ein paar Euro. Die Prüfaktivitäten der Krankenkassen machen nicht nur Ärzten in Bayern viel Arbeit.

© Bernd Boelsdorf / Zoonar / picture alliance

München/Neu-Isenburg. Die Regelungen zur Abrechnungsprüfung durch die Krankenkassen führen immer häufiger zu „nutzloser Bürokratie mitten in der Pandemie“. Diese Klage führt die Kassenärztliche Vereinigung Bayerns (KVB) in einem aktuellen Positionspapier zur Abrechnungsprüfung der vertragsärztlichen Versorgung. Demnach sind vergangenes Jahr mehr als 9000 von rund 20.000 Arztpraxen von Prüfanträgen der Krankenkassen betroffen gewesen, heißt es in dem Papier.

Dies sei „ein großes Ärgernis“ vor allem deshalb, weil es bei vielen Anträgen um „verschwindend geringe Rückforderungssummen“ gehe. Bei der KVB seien allein im Jahr 2020 knapp 460.000 Datensätze eingegangen, darüber seien am Ende gerade einmal 0,5 Promille des Gesamthonorars – drei Millionen Euro – erfolgreich zurückgefordert worden. In der KVB seien Kosten in Höhe von 5,3 Millionen Euro für die Bearbeitung der Anträge entstanden – ganz abgesehen vom Aufwand in den Praxen.
Lesen sie auch

Es gebe Kassen, die mehr als 90 Prozent Ablehnungsquoten bei ihrer Abrechnungsprüfung haben. „Dieser Bürokratismus klaut den Patienten wertvolle Arztzeit“, schimpft die KVB in ihrem Papier.

Oft geht es um Bagatellbeträge

Die Bayern stehen mit dem Ärger über die Antragsflut vonseiten der Kassen nicht allein. Erst jüngst hatte die KV Nordrhein darüber geklagt, dass die Ärzte einen „Riesenaufwand in die Bearbeitung der Prüfanträge“ zu Sprechstundenbedarf stecken müssten. Dabei gehe es oftmals lediglich um Bagatellbeträge.

„Ziel muss es sein, dass diese Anträge nur dort gestellt werden, wo Versichertengelder in nennenswertem Umfang auf dem Spiel stehen“, äußerten sich Dr. Wolfgang Krombholz, Dr. Pedro Schmelz und Dr. Claudia Ritter-Rupp vom Vorstand der KVB auf Anfrage. Die Körperschaft fordert im Positionspapier, die „Flut an falschen und geringfügigen Anträgen“ müsse eingedämmt werden. Als konkrete Maßnahmen kämen laut Papier eine Geringfügigkeitsgrenze von 100 Euro pro Krankenkasse, Quartal und Arzt, um die Prüfung der Abrechnungen auf relevante Fälle zu beschränken. Eine Antragsgebühr in Höhe von 100 Euro zulasten der Kassen für Anträge, die sich letztlich als unberechtigt erweisen, könnte diesen Effekt verstärken. Damit würde bei den Krankenkassen ein Bewusstsein für die verursachten Kosten geweckt.

Der Weg dahin könnte weit sein: In Nordrhein jedenfalls haben sich die Krankenkassen als hartleibig erwiesen und die Gespräche über eine Anhebung der Bagatellgrenze abgebrochen. (Mitarbeit: ger)

Viel Aufwand, wenig Ertrag

  • 9000 von 20.000 Praxen in Bayern mussten sich im Pandemiejahr 2020 mit Prüfanträgen der Kassen herumschlagen.
  • Nur 0,5 Promille des Honorarvolumens in Bayern holten sich die Krankenkassen auf diese Weise zurück.
Mehr zum Thema

Anhörung im Gesundheitsausschuss

CDU-Politiker Sorge: SPD-Blockade bei GOÄ-Reform schadet der Versorgung

Das könnte Sie auch interessieren
Innovationsforum für privatärztliche Medizin

Tag der Privatmedizin 2023

Innovationsforum für privatärztliche Medizin

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Interview

STIKO-Chef Überla: RSV-Empfehlung kommt wohl bis Sommer

Lesetipps
Neue Hoffnung für Patienten mit Glioblastom: In zwei Pilotstudien mit zwei unterschiedlichen CAR-T-Zelltherapien blieb die Erkrankung bei einigen Patienten über mehrere Monate hinweg stabil. (Symbolbild)

© Richman Photo / stock.adobe.com

Stabile Erkrankung über sechs Monate

Erste Erfolge mit CAR-T-Zelltherapien gegen Glioblastom

Die Empfehlungen zur Erstlinientherapie eines Pankreaskarzinoms wurden um den Wirkstoff NALIRIFOX erweitert.

© Jo Panuwat D / stock.adobe.com

Umstellung auf Living Guideline

S3-Leitlinie zu Pankreaskrebs aktualisiert