Kommentar
Prüfwut der Kassen: Vorbild Krankenhaus?
Das Positionspapier der KV Bayerns zur Flut von Prüfanträgen von Kassen in der Pandemie trifft einen Nerv. Überflüssiger Verwaltungsaufwand vergällt zu vielen Ärzten den Feierabend.
Veröffentlicht:Das darf doch wohl nicht wahr sein. Vertragsärzte geben in der Pandemie alles, um ihre Patienten so sicher wie möglich zu versorgen. Sie bauen dafür die Praxen um, um die Abstände besser einhalten zu können und um die Patientenströme trennen zu können. Sie impfen jetzt im Akkord, damit die Bevölkerung der Herdenimmunität so schnell wie möglich nahekommt. Und was machen die Krankenkassen? Sie überziehen dieselben Ärzte mit Prüfanträgen, um hier ein paar Euro gutgeschrieben zu bekommen oder dort den richtigen Bezugsweg für Impfstoffe durchzusetzen. Fast die Hälfte der Praxen in Bayern musste sich 2020 mit Prüfanträgen herumschlagen, mit dem Effekt, dass die Kostenträger 0,5 Promille (!) der bezahlten Honorarsumme zurückbekommen, so beschreibt es die KV Bayerns in ihrem aktuellen Positionspapier.
Man fasst sich an den Kopf, wie sehr sich offenbar die Maßstäbe verschieben, wenn die Kassen-Kontrolleure fern aller Versorgungswirklichkeit ihre Pflichten abarbeiten. Die KVB hat Recht, wenn sie darüber klagt, dass so junge Ärzte gerade nicht in die ambulante Versorgung gelockt werden können. Der Aufwand und Ärger, der mit einem Prüfantrag verbunden ist, vergällt viel zu vielen Kolleginnen und Kollegen den Feierabend. Bayern scheint kein Einzelfall zu sein, wenn man auf den Streit über Bagatellgrenzen beim Sprechstundenbedarf in Nordrhein blickt. Nein, es ist höchste Zeit, durch die richtigen Anreize, eben durch solche Geringfügigkeitsschwellen oder auch durch Prüfgebühren zu lasten der Kassen, wenn ein Prüfantrag nicht durchgeht, bürokratischen Auswüchsen Grenzen zu setzen.
In dieser Hinsicht erscheinen die Vorgaben für den stationären Sektor geradezu vorbildlich. In Paragraf 275c SGB V heißt es: „Falls die Prüfung nicht zu einer Minderung des Abrechnungsbetrages führt, hat die Krankenkasse dem Krankenhaus eine Aufwandspauschale in Höhe von 300 Euro zu entrichten.“
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