Anlagen-Kolumne
Vorsicht vor pauschalen Vergleichen
Jeder, der sich mit der Aktienanlage beschäftigt, hatte sicher schon einmal mit einer der großen Benchmarks zu tun. Die international wohl am weitesten verbreitete Benchmark heißt MSCI World. Dieser Index soll den weltweiten Aktienmarkt widerspiegeln.
Tut er auch, jedoch sind die Länder sehr unterschiedlich gewichtet. Da der US-Aktienmarkt im Verhältnis zu anderen Märkten um ein Vielfaches größer ist, beträgt auch der Anteil von US-Aktien im MSCI World über 60 Prozent. Eine ziemlich einseitige Darstellung der Welt zwar, zugleich hat sich der US-Markt aber gut entwickelt. Das liegt unter anderem an der sehr viel stärker ausgeprägten Aktienkultur, aber auch an einer Vielzahl guter Firmen.
Die meisten europäischen Investoren haben vermutlich weit weniger US-Aktien im Portfolio, als 60 Prozent des MSCI. Das liegt nicht nur am „Home-Bias“ – also der Tendenz, Titel des Heimatmarktes zu bevorzugen, weil man zu diesen den besseren Informationszugang hat –, sondern auch an dem Vorurteil, US-Aktien wären deutlich teurer als heimische Papiere.
Schaut man auf das KGV, stimmt das auf den ersten Blick auch. Schaut man genauer hin, erklärt sich die Bewertungsprämie aus der deutlich größeren Technologiegewichtung. Aktien von Microsoft, Apple, Facebook oder Google haben sich extrem gut entwickelt, weil diese Firmen besonders wachstumsstark sind.
In Europa stärker gewichtete Sektoren – Finanz-, Rohstoff- oder Autowerte – fielen dagegen kaum durch sonderlich hohes Wachstum auf. Der Grund, warum in KGV-Perspektive die Bewertungsprämie US-Aktien nicht über Gebühr verteuert hat, liegt am besseren Gewinnwachstum der Firmen.
Fazit: Bei der Aktienanalyse ist es sinnvoller, Unternehmen oder Sektoren direkt zu vergleichen, statt ganze Länderindizes, denn diese unterscheiden sich oft sehr deutlich in ihrer Zusammensetzung.