Ärztemangel

Zank um Zahl der Medizinstudienplätze

Der Medizinische Fakultätentag hält es nicht für sinnvoll, immer mehr Ärzte auszubilden. Marburger Bund und Kinderärzte sehen das ganz anders.

Christiane BadenbergVon Christiane Badenberg Veröffentlicht:
Medizinstudenten: Sind es zu viele, zu wenig oder gerade richtig?

Medizinstudenten: Sind es zu viele, zu wenig oder gerade richtig?

© Waltraud Grubitzsch / dpa / ZB

Berlin. Braucht Deutschland mehr Medizinstudienplätze um den Ärztemangel zu bekämpfen oder gibt es nur ein Verteilungsproblem? Über diese Frage ist zwischen dem Medizinischen Fakultätentag (MFT) auf der einen Seite und dem Marburger Bund (MB) sowie dem Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) auf der anderen Seite eine heftige Diskussion entbrannt.

In einer Pressemitteilung hatte der Generalsekretär des MFT, Frank Wissing, mit Blick auf die Zahl der Medizinstudenten gesagt: „Das Grundproblem sind allerdings nicht die fehlenden Studienplätze, sondern vielmehr der wenig effiziente Einsatz und die unausgewogene regionale und fachliche Verteilung der Ärztinnen und Ärzte.“

MB: Mangel kein Verteilungsproblem

Die Diskussion müsse sich auf die Umstrukturierung des Gesundheitssystems und eine bedarfsgerechte Verteilung konzentrieren, fordert Wissing. Immerhin verfüge Deutschland laut OECD-Zahlen schon heute über eines der besten Verhältnisse von praktizierenden Ärzten zu Einwohnern.

Das sehen Marburger Bund und der BVKJ anders. „Wir haben zu wenig medizinischen Nachwuchs, um für die Zukunft gewappnet zu sein. Wer den Ersatzbedarf ignoriert, der durch die Babyboomer-Ruhestandswelle der nächsten Jahre auf uns zukommt, verkennt schlichtweg die Realität“, kommentiert die neue MB-Vorsitzende Dr. Susanne Johna die Äußerungen des MFT. Wer nur die Köpfe zähle und im Mangel lediglich ein Verteilungsproblem sehe, verschließe die Augen vor den tatsächlichen Verhältnissen.

Laut Johna stehen derzeit etwa so viele Medizinstudienplätze zur Verfügung wie 1990 in der alten Bundesrepublik. Seitdem seien allerdings fünf neue medizinische Fakultäten in den neuen Bundesländern hinzugekommen De facto hätten die Bundesländer über Jahrzehnte Studienkapazitäten immer weiter abgebaut. Ein Umdenken sei erst in den vergangenen zwei Jahren erfolgt, so Johna.

„Brauchen mindestens 15.000 Studienplätze“

Vor der Wiedervereinigung habe es in West- und Ostdeutschland insgesamt etwa 13 5000 Studienplätze gegeben. Nach der Wende sei diese Zahl teilweise auf unter 10 000 gesunken und habe im vergangenen Jahr bei etwa 11 000 Studienplätzen gelegen, so der BVKJ. Das sei zu wenig.

„Experten und sogar das Bundesgesundheitsministerium schätzen, dass wir mindestens 15 000 Studienplätze brauchen, um die Qualität der medizinischen Versorgung zu sichern“, sagt BVKJ-Präsident Dr. Thomas Fischbach.

Wer den Ärztemangel leugne, solle sich mal einen Tag in eine ganz normale Kinder- und Jugendarztpraxis setzen, fordert Fischbach. Die Pädiater würden jetzt in der Infektzeit oft zwölf und mehr Stunden arbeiten. Vorsorgeuntersuchungen und Impfungen müssten teilweise ins nächste Jahr verlegt werden.

Ursache dieser Engpässe sei der Babyboom, den Deutschland seit einigen Jahren erlebe. Zudem werde die medizinische Versorgung der Kinder immer schwieriger. In den Randlagen der Städte und auf dem Land müssten Kinderärzte bereits oft Patienten abweisen.

In der Vergangenheit seien zu wenig Ärzte ausgebildet worden. Wenn die Politik nicht bald mehr Medizinstudienplätze schaffe, würden die Wartezeiten und Wege noch länger, so Fischbach.

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