Klinikmanagement

Qualität mehr in den Fokus rücken

Ökonomie und patientenorientierte Versorgung sind für Klinik-Geschäftsführer Holger Baumann keine Gegensätze.

Ilse SchlingensiepenVon Ilse Schlingensiepen Veröffentlicht:

BERLIN. Fehlentwicklungen im Krankenhaussektor sind weniger auf eine zu starke Ökonomisierung als auf die zu geringe Qualitätsorientierung zurückzuführen, glaubt Holger Baumann, Geschäftsführer der Kliniken der Stadt Köln, einem kommunalen Krankenhaus mit rund 1400 Betten.

„Wir diskutieren über die Kosten, anstatt die Qualität in den Vordergrund zu rücken“, sagt er im Gespräch mit der „Ärzte Zeitung“.

Den häufig postulierten Gegensatz von ökonomischem Denken und guter, patientenorientierter Versorgung hält Baumann für einen Mythos. Beide Faktoren gehören zusammen, betont er.

„Wer im Krankenhaus unökonomisch handelt, handelt unethisch.“ Schließlich gehe es darum, mit den vorhandenen Mitteln eine möglichst gute Versorgung zu erreichen.

DRG nicht Kern allen Übels

Es sei falsch, in der Umstellung der Klinikvergütung auf DRG den Kern allen Übels zu sehen. Die diagnosebezogenen Fallpauschalen seien nicht willkürlich bemessen worden, sondern beruhten auf den Kalkulationen aus rund zehn Prozent der Kliniken und damit auf repräsentativem Datenmaterial.

Die ökonomisch induzierte Ausweitung von Eingriffen wie Hüft- und Knie-TEP zeige allerdings, dass durchaus manches falsch läuft. „Diese Kritik müssen wir gelten lassen.“

Allerdings sei das nicht auf die DRG selbst zurückzuführen, sondern auf Fehler bei der Umsetzung. „Wir hätten von Anfang an mehr qualitative Gesichtspunkte in den Vordergrund rücken müssen.“

Dazu gehört für ihn die Konzentration einzelner Leistungen auf bestimmte Kliniken. Das sei in Deutschland im Unterschied zu vielen anderen Ländern leider schwer umzusetzen, wie die Diskussion über die Versorgung von Frühgeborenen gezeigt habe. Baumann hält Mindestmengen für einzelne Behandlungen für einen gangbaren Weg. „Sie haben den Vorteil, dass sie messbar sind.“

Auch Abschläge könnten ein Instrument sein, um unter DRG-Bedingungen die Qualität der Versorgung zu regeln. „Ein Krankenhaus ist nicht nur deshalb gut, weil es ein Krankenhaus ist, sondern es müssen die entsprechenden Leistungen dahinter stehen“, sagt der Klinikchef.

Leider fehle der politische Mut, dafür zu sorgen, dass manche Leistungen nur noch in bestimmten Kliniken angeboten werden. „Die Politik betrachtet Kliniken nicht nur nach der Bedarfsgerechtigkeit, sondern auch nach der Wählerorientierung, deshalb sind qualitative Mankos programmiert.“

Baumann begrüßt den Ansatz, Qualitätsanforderungen in die Klinikplanung einfließen zu lassen. Für noch erfolgversprechender hält er aber Modelle, bei denen die Kliniken mit den Krankenversicherern als Financiers die Leistungsaufträge abstimmen.

Angesichts des dualen Finanzierungssystems sei so etwas in Deutschland aber nur schwer umzusetzen, bedauert er. Die monistische Finanzierung sei kein Allheilmittel, könnte aber einige Probleme lösen.

Partnerschaften mit Industrie

Kooperationen mit industriellen Anbietern können nach seiner Einschätzung dazu beitragen, zu einem sinnvollen Mitteleinsatz im Krankenhaus zu kommen.

„Wir müssen aufgeschlossen für solche Partnerschaften sein, um nicht von den Innovationszyklen abgeschnitten zu werden“, sagt er. Es dürfe nicht sein, dass ein Haus der Maximalversorgung am technischen Fortschritt nicht teilhaben kann, weil es keine ausreichenden Investitionsmittel hat.

Hier könnten Kooperationsmodelle mit der Industrie helfen. Klar ist für Baumann aber: „Man muss das Pro und Contra genau abwägen.“

Mehr zum Thema
Das könnte Sie auch interessieren
Innovationsforum für privatärztliche Medizin

© Tag der privatmedizin

Tag der Privatmedizin 2025

Innovationsforum für privatärztliche Medizin

Kooperation | In Kooperation mit: Tag der Privatmedizin
Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer und Vizepräsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe, hofft, dass das BMG mit der Prüfung des Kompromisses zur GOÄneu im Herbst durch ist (Archivbild).

© picture alliance / Jörg Carstensen | Joerg Carstensen

Novelle der Gebührenordnung für Ärzte

BÄK-Präsident Reinhardt: Die GOÄneu könnte 2027 kommen

Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Mehr als ein oberflächlicher Eingriff: Die Krankenhausreform verändert auch an der Schnittstelle ambulant-stationär eine ganze Menge.

© Tobilander / stock.adobe.com

Folgen der Krankenhausreform für niedergelassene Ärztinnen und Ärzte

Die Klinikreform bringt Bewegung an der Schnittstelle zwischen Praxen und Krankenhäusern

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: der Deutschen Apotheker- und Ärztbank (apoBank)
Dr. med. Gerhard M. Sontheimer (ANregiomed, Region Ansbach) und Holger Baumann (Kliniken der Stadt Köln, v.l.) haben in der Praxis gute Erfahrungen mit Systempartnerschaften gemacht.

© Philips

Mehr Spielraum für moderne Prozesse in der Klinik

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Philips GmbH Market DACH, Hamburg
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Prävention

Mammografie-Screening: Das sind Hindernisse und Motivatoren

Lesetipps
Ein Hinweisschild mit Bundesadler vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe.

© Uli Deck/picture alliance/dpa

Update

Urteil

Bundesverfassungsgericht: Triage-Regelung nicht mit Grundgesetz vereinbar