"Luxusmedizin" für Äthiopien

LEIPZIG (dür). Der internationale Weltgesundheitstag ist in diesem Jahr dem Thema "Mutter und Kind: Gesundheit von Anfang an" gewidmet. Einer, der diesem Motto konsequent folgt, ist der Leipziger Frauenarzt Professor Henry Alexander, der medizinische Hilfe auch für Frauen und Kinder in Entwicklungsländern einfordert.

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Alexander, Reproduktionsmediziner der Unifrauenklinik in Leipzig, ist häufig in Äthiopien tätig: "Was für uns hier und heute medizinischer Standard ist, bedeutet für die Frauen in Ländern wie diesem unerreichbare Luxusmedizin", sagt er. "Sie haben meistens keine Möglichkeit, eine ausreichende gesundheitliche Betreuung zu erlangen."

Während bei uns umfassende Gesundheitsfürsorge dazu geführt hat, daß die Mütter- und Kindersterblichkeit in Deutschland zur niedrigsten weltweit gehört, sterben in armen Ländern wegen schlechter medizinischer Versorgung viele Frauen während ihrer Schwangerschaft oder bei der Geburt.

"Frauen werden oft zu früh verheiratet, bekommen als Heranwachsende selbst schon Kinder. Eine frühe Schwangerschaft ohne medizinische Versorgung bedeutet oft traumatisierende Erfahrung mit der Geburt toter Kinder und der Verletzung von Blase und Darm", berichtet er. "Eine Schwangerenbetreuung findet nicht statt."

Häufig enden aufsteigende Genital-Infektionen mit dem Tod oder lebenslanger Sterilität. Die Sterilitätsrate ist in Äthiopien mit 20 Prozent mehr als doppelt so hoch wie in Deutschland. "Sterilität bedeutet für diese Frauen einen großen sozialen Makel. Kinderlose Frauen trifft gesellschaftliche Ächtung sehr viel stärker als bei uns", so Alexander.

Die Methode einer operativen "Kinderwunschtherapie" durch mikroinvasive laparoskopische Operation bei verschlossenen Eileitern, die in der Leipziger Unifrauenklinik mit großem Erfolg praktiziert wird, war Frauen in Äthiopien ebenso wenig zugänglich wie die In-vitro-Fertilisation.

Alexander half an den Unikliniken in Addis Abeba und Gondar, die Basis für diese OP-Methode zu legen, und fördert jetzt die Etablierung des ersten IVF-Zentrums in Äthiopien.



Das Leid der Frauen in Zahlen:

Für Mütter und Kinder in Entwicklungsländern gilt das Motto des diesjährigen Weltgesundheitstags - "Gesundheit von Anfang an" - noch längst nicht. Das international tätige Panos-Institut (www.panos.org.uk), das Daten zusammenträgt, um den Dialog zwischen Entwicklungs- und Industrieländern zu fördern, hat ausgerechnet, daß pro Stunde:

  • weltweit 228 Mädchen genital verstümmelt werden,
  • 1700 Frauen schwere Erkrankungen und Verletzungen während der Schwangerschaft und Geburt erleiden,
  • 60 Frauen an vermeidbaren Komplikationen während Schwangerschaft und Geburt sterben,
  • sich 250 Frauen mit HIV infizieren,
  • 120 Frauen und Kinder an genitalen Infektionen sterben
  • und sich weltweit etwa 40 Frauen einem medizinisch nicht sachgerecht vorgenommenen Schwangerschaftsabbruch unterziehen. (dür)
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