Mädchen haben offenbar genauso häufig ADHS wie Jungen

FREISING (wst). Von einer Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) sind Mädchen offenbar genau so oft betroffen wie Jungen. Obwohl Mädchen mit der Störung meist weniger unangenehm auffallen als Jungen, brauchen sie trotzdem häufig eine Therapie.

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Das hat Dr. Thomas E. Brown von der Psychiatrischen Abteilung der Yale Medical School in den USA berichtet. Nach Angaben des ADHS-Experten haben in den USA 7,5 Prozent aller Kinder und 4,5 Prozent der Erwachsenen ADHS und brauchen eine Therapie.

Entgegen bisheriger Annahmen gehe man heute davon aus, daß gleich viele Mädchen wie Jungen von ADHS betroffen sind. Mädchen und Frauen mit ADHS fallen nur weniger unangenehm auf, weil sie sich seltener aggressiv verhalten als Jungen und Männer. Doch auch wenn Mädchen mit ADHS stiller leiden als Jungen, sind sie in der Schule benachteiligt und brauchen eine Therapie, sagte der Psychologe bei den 3. ADHS-Gesprächen in Freising.

Daß es sich bei ADHS um eine körperliche Störung handelt, gilt nach Angaben von Brown inzwischen als gesichert. So konnte mit Positronen-Emissions-Tomographie (PET) belegt werden, daß der Zuckerstoffwechsel im Gehirn von ADHS-Patienten ein anderes Aktivitätsmuster zeigt als bei Gesunden. Auch wird eine genetische Ursache der Störung vermutet, was ebenfalls für organisch ausgelöste Symptome spricht.

So finden sich bei den meisten ADHS-Patienten in der Verwandtschaft Personen mit ADHS-typischen Auffälligkeiten, die allerdings sehr unterschiedlich ausgeprägt sein können, so Brown bei der vom Unternehmen Lilly unterstützten Veranstaltung. Wenn sich jemand gut auf eine Sache konzentrieren könne, spreche dies übrigens nicht gegen die Diagnose ADHS, so Brown.

Fast alle ADHS-Patienten haben Bereiche, die sie sehr interessierten, und wo sie Aufgaben mit viel Elan und Ausdauer lösen können. Probleme beginnen nach seinen Angaben typischerweise dann, wenn die Patienten Arbeiten und Lerninhalte zu bewältigen haben, die für sie wenig interessant sind.



STICHWORT

Diagnostik bei ADHS

Der US-Psychologe Dr. Thomas E. Brown vergleicht das Gehirn von ADHS-Patienten mit einem Orchester. Die einzelnen Musiker sind gut, bei Solonummern sogar oft überdurchschnittlich gut. Doch gelingt es dem Dirigenten nicht, die Musiker zu koordinieren. Psychologische Tests auf kognitive Einzelleistungen führen deshalb bei ADHS-Patienten selten zu einem auffälligen Befund. Aussagekräftiger sind Tests, deren Lösung ein komplexes Zusammenspiel verschiedener Hirn-Funktionen erfordert. Für eine sichere Diagnose ADHS sind außer den Tests anamnestische Gespräche mit Betroffenen und Angehörigen wichtig. (wst)

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