Steuern und Werbeverbote gegen Adipositas

Gegen die weltweite Adipositas-Epidemie gibt es kaum etablierte Konzepte. Forscher schlagen jetzt im "Lancet" Alarm: Fettsucht gehöre dringend auf die Agenda der UN.

Veröffentlicht:
Wer als Kind schon zu dick ist, bleibt es meist sein Leben lang.

Wer als Kind schon zu dick ist, bleibt es meist sein Leben lang.

© begsteiger / imago

LONDON (eis). Mehr als 1,5 Milliarden erwachsene Menschen auf der Welt sind übergewichtig. Hinzu kommen 500 Millionen Fettleibige (BMI über 30) sowie 170 Millionen Kinder, die übergewichtig oder fettleibig sind.

In den USA ist bereits jede dritte Frau adipös. Dort hat krankhafte Fettsucht das Rauchen als größte zu verhindernde Gesundheitsgefahr überholt (Lancet 2011; 378: 804).

Setzt sich der Trend der vergangenen 30 Jahre fort, könnte nach einer Modellrechnung in den USA bis 2030 die Zahl der Adipösen um weitere 65 Millionen anwachsen, was zusätzliche 6 bis 8,5 Millionen Fälle von Diabetes, 5,7 bis 7,3 Millionen Herzerkrankungen und Schlaganfälle sowie 490.000 bis 670.000 Krebserkrankungen zur Folge hätte.

Die Therapiekosten für diese präventablen Krankheiten würden im US- Gesundheitssystem mit zusätzlichen 48 bis 66 Milliarden US-Dollar zu Buche schlagen. Prävention ist also gefragt. So könnte die Abnahme der BMI-Prävalenz bis 2020 um nur 1 Prozent in den USA 2,4 Millionen Diabeteserkrankungen verhindern.

Bisher ist es jedoch in keinem Land der Welt gelungen, die Zunahme von Adipositas in der Bevölkerung zu stoppen. Der einzelne Mensch hat dabei weit weniger Einfluss auf sein Körpergewicht als vielleicht vermutet, betont Professor David King aus Oxford.

Triebkraft der Adipositas-Epidemie sei weniger Faulheit oder Völlerei als ein Adipositas-förderndes Lebensumfeld.

Gerade hier sehen die Forscher Möglichkeiten einzugreifen. Regierungen sollten etwa Zusatzsteuern ähnlich wie bei Zigaretten auf ungesunde Lebensmittel wie gezuckerte Softdrinks erheben, fordert Professor Steven Gortmaker von der Harvard School of Public Health.

Außerdem müsse, ähnlich wie beim Rauchen, die Werbung für ungesundes Essen kontrolliert werden - vor allem, um Kinder zu schützen, so Gortmaker.

Die UN sollten eine Rahmenkonvention zur Kontrolle von Fettleibigkeit herausbringen, fordern die Forscher. Bei einem Treffen der UN im September müsse das Thema dringend diskutiert werden.

Mehr zum Thema

Freiwillige Selbstverpflichtung reicht Minister nicht

Özdemir will Lebensmittelproduzenten Reduktionsziele vorgeben

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen
Lesetipps
Wo lang im Gesundheitswesen? Der SVR Gesundheit und Pflege empfiehlt mehr Richtungspfeile für alle Akteure.

© StefanieBaum / stock.adobe.com

Sachverständigenrat Gesundheit und Pflege

Gesundheitsweise empfehlen Primärversorgung für alle – und Quotierung der Weiterbildung

„Wenn die Politik Wissenschaftlern sagen würde, wir wollen dieses oder jenes Ergebnis, ist das Propaganda.“ Klaus Überla – hier im Treppenhaus seines Instituts – über Einmischungen aus der Politik.

© Patty Varasano für die Ärzte Zeitung

Interview

STIKO-Chef Überla: RSV-Empfehlung kommt wohl bis Sommer

Dr. Iris Dötsch Fachärztin für Innere Medizin, Diabetologin und Ernährungsmedizinerin hat die Hauptstadtdiabetologinnen, eines neues Netzwerk für Frauen in der Diabetologie, gegründet.

© snyGGG / stock.adobe.com

Hauptstadtdiabetologinnen

Ein Netzwerk für Diabetologinnen