Ältere Patienten

Demenzrisiko steigt mit chronischem Leiden

Ältere Patienten mit mehreren chronischen Krankheiten haben ein erhöhtes Risiko, zusätzlich leichte kognitive Störungen oder eine Demenz zu entwickeln, wie eine Studie nun belegt.

Von Dr. Christine Starostzik Veröffentlicht:
Schätzungen zufolge leiden 55 bis 98 Prozent der Senioren ab 60 Jahren an mindestens zwei chronischen Krankheiten; viele haben eine Hypertonie und gleichzeitig eine Hyperlipidämie oder Arthritis.

Schätzungen zufolge leiden 55 bis 98 Prozent der Senioren ab 60 Jahren an mindestens zwei chronischen Krankheiten; viele haben eine Hypertonie und gleichzeitig eine Hyperlipidämie oder Arthritis.

© Wissmann Design / Fotolia

ROCHESTER. Je größer die Zahl chronischer Leiden bei älteren Menschen, desto höher ist deren Risiko, leichte kognitive Störungen oder eine Demenz zu entwickeln, so das Ergebnis einer prospektiven amerikanischen Kohortenstudie.

Schätzungen zufolge leiden 55 bis 98 Prozent der Senioren ab 60 Jahren an mindestens zwei chronischen Krankheiten. Ob diese Multimorbidität die Entwicklung leichter kognitiver Störungen oder Demenz begünstigen kann, dieser Frage sind Maria Vassilaki von der Mayo Clinic, Rochester, und Kollegen in einer prospektiven Kohortenstudie nachgegangen (J Am Geriatr Soc 2015; 63: 1783 - 1790).

In die Mayo Clinic Study of Aging schlossen sie 2176 zufällig ausgewählte Patienten mit normaler Kognition und einem Durchschnittsalter von 78,5 Jahren ein. Alle 15 Monate durchliefen die Probanden eine neuropsychometrische Diagnostik. Multimorbidität, definiert als zwei oder mehr chronische Krankheiten, wurde anhand des Patientenregisters erfasst.

1884 Probanden untersucht

1884 Probanden erfüllten zu Studienbeginn die Definition Multimorbidität. Unter die fünf häufigsten Doppelgruppierungen chronischer Leiden fielen Hypertonie und Hyperlipidämie (50,4 Prozent), Hypertonie und Arthritis (32,9 Prozent), Hyperlipidämie und Arthritis (30,7 Prozent), koronare Herzkrankheit (KHK) und Hyperlipidämie (27,5 Prozent) sowie Hypertonie und KHK (25,5 Prozent).

In einem mittleren Beobachtungszeitraum von vier Jahren entwickelten 583 Studienteilnehmer leichte kognitive Störungen oder eine Demenz. Gegenüber gesunden Personen oder solchen mit nur einem chronischen Leiden (Kontrollgruppe) war unter Berücksichtigung von Geschlecht und Ausbildung das neurologische Risiko bei Multimorbiden um 38 Prozent erhöht.

Gleichzeitig wurde ein Geschlechtsunterschied deutlich (Risikoerhöhung Männer 53 Prozent vs. Frauen 20 Prozent). In dieser Einzelbetrachtung der Geschlechter war nur das Ergebnis der Männer signifikant.

Außerdem zeigte sich in der US-Studie, dass mit zunehmender Multimorbidität auch die Wahrscheinlichkeit für die neurologischen Probleme zunahm. So war das Risiko für eine kognitive Störung oder Demenz bei Männern und Frauen mit vier oder mehr chronischen Leiden um 61 Prozent erhöht, während diejenigen mit zwei oder drei chronischen Krankheiten nur 3 Prozent über der Kontrollgruppe lagen.

Fazit der Autoren

Die Ergebnisse der Studie, so Vassilaki und Kollegen, belegten, wie wichtig es sei, die Entwicklung chronischer Leiden zu verhindern und die Patienten angemessen zu versorgen. Gleichzeitig stützten sie die Hypothese, dass mehrere Ursachen zur Ausbildung leichter kognitiver Störungen und Demenz im Alter beitragen könnten.

Neben verschiedenen anderen möglichen Mechanismen könne nicht zuletzt auch die Polypharmazie für eine veränderte Kognition infolge von Neben- und Wechselwirkungen mitverantwortlich sein.

Der Zusammenhang zwischen Multimorbidität und kognitiven Störungen einschließlich Demenz könnte nach Ansicht der Autoren bedeuten, dass eine Prävention chronischer Leiden möglicherweise auch die Entwicklung kognitiver Störungen und Demenz im hohen Lebensalter verzögert.

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Blick in die Zukunft

Alzheimertherapie 2.0: Neue Strategien gegen Beta-Amyloid

Das könnte Sie auch interessieren
Was die MS-Behandlung auszeichnet

© Suphansa Subruayying | iStock

Lebensqualität

Was die MS-Behandlung auszeichnet

Anzeige | Merck Healthcare Germany GmbH
Unsichtbare MS-Symptome im Fokus

© AscentXmedia | iStock

Lebensqualität

Unsichtbare MS-Symptome im Fokus

Anzeige | Merck Healthcare Germany GmbH
Prognostizierbares Therapieansprechen?

© Stockbyte | gettyimages (Symbolbild mit Fotomodellen)

Antidepressiva

Prognostizierbares Therapieansprechen?

Anzeige | Bayer Vital GmbH
Depression und Schmerz gehen häufig Hand in Hand

© brizmaker | iStock (Symbolbild mit Fotomodell)

Depressionsscreening

Depression und Schmerz gehen häufig Hand in Hand

Anzeige | Bayer Vital GmbH
Kommentare
Sonderberichte zum Thema

ADHS im Erwachsenenalter

Wechseljahre und ADHS: Einfluss hormoneller Veränderungen auf Symptomatik und Diagnose

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: MEDICE Arzneimittel Pütter GmbH & Co. KG, Iserlohn
Neue Ansätze zur Behandlung seltener Krankheitsbilder

© Dr_Microbe / stock.adobe.com

Entwicklungen in der Therapie neuromuskulärer Erkrankungen

Neue Ansätze zur Behandlung seltener Krankheitsbilder

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Roche Pharma AG, Grenzach-Wyhlen
Abb. 1: a) Verlauf einer Gruppe unbehandelter Personen, b) 5-Jahres-Daten der SUNFISH-Studie Teil1, c) Teil2

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [3]

Therapie der 5q-assoziierten SMA

Risdiplam-Filmtabletten: flexiblere Anwendung im Alltag

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Roche Pharma AG, Grenzach-Wyhlen
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Sie fragen – Experten antworten

Impfung gegen Gelbfieber: Ist eine Auffrischung nötig?

Lesetipps
Der Rücken eines Mannes mit Gürtelrose zeigt Vesikel.

© Chinamon / stock.adobe.com

Alter für Indikationsimpfung herabgesetzt

STIKO ändert Empfehlung zur Herpes zoster-Impfung