Diabetes

"Ein Zuspät für Sport gibt es nicht"

Außer von neuen Arzneien profitieren Diabetiker von Lifestyle-Änderungen. Wie groß der Nutzen ist, sollte Look-AHEAD zeigen, eine der aktuellen Studien, die Professor Stephan Martin, Düsseldorf, beim PraxisUpdate präsentieren und kommentieren wird.

Von Simone Reisdorf Veröffentlicht:

Prof. Stephan Martin

Position: Chefarzt für Diabetologie im Verbund Katholischer Kliniken Düsseldorf (VKKD) und Direktor des Westdeutschen Diabetes- und Gesundheitszentrum (WDGZ) in Düsseldorf

Qualifikationen: Facharzt für Innere Medizin; Diabetologe der Deutschen Diabetesgesellschaft; Endokrinologe

Ärzte Zeitung: Herr Professor Martin, im Jahr 2012 wurden fast 10.000 Diabetes-Studien publiziert. Welche davon waren aus Ihrer Sicht herausragend?

Professor Stephan Martin: Zum Einen wurden Daten zu Medikamenten präsentiert, die ein recht geringes Hypoglykämierisiko beinhalten und teils sogar kardioprotektiv wirken können.

So wurden neue Studien zu DPP-4-Hemmern, Head-to-Head-Vergleiche von GLP-1-Agonisten, aber auch Studien zur neuen Wirkstoffklasse der SGLT-2-Hemmer vorgestellt.

Und zum Anderen?

Wichtige Erkenntnisse gibt es auch zur nichtmedikamentösen Therapie. So wurde in einer schottischen Studie die Insulinproduktion von Typ 1-Diabetikern gemessen; im Rahmen einer achtwöchigen niedrig kalorischen Diät wurde diese wieder angekurbelt.

Eine andere aktuelle Studie bestätigte diesen Effekt und zeigte, dass Bewegung ihn noch verstärkt. Und in der Look-AHEAD-Studie wurden im Mittel zehn Prozent der manifesten Typ 2-Diabetiker allein durch Kalorienreduktion und Bewegung wieder normoglykämisch eingestellt.

Look-AHEAD sollte eigentlich nachweisen, dass eine Lifestyle-Intervention bei übergewichtigen Typ 2-Diabetikern kardioprotektiv wirkt. Warum war dieser Effekt geringer als erhofft?

Das lag vermutlich zum Teil daran, dass die behandelnden Ärzte die Statindosis der Patienten nach einiger Zeit drastisch reduzierten, als eine deutliche Gewichtsabnahme und verbesserte Blutzuckerwerte sichtbar wurden. Diese Therapieänderung war bei den meisten Patienten nicht angezeigt.

Typ 2-Diabetiker leiden häufig unter Komorbiditäten. Wer kann noch mit dem Sport beginnen, und wer hat den Einstieg verpasst?

Bewegung bringt den allermeisten Diabetikern, Übergewichtigen und Hypertonikern einen Benefit. So haben sich beispielsweise in der Look-AHEAD-Studie unter der Lebensstiländerung neben der Hyperglykämie etliche weitere Parameter verbessert, und es wurden weniger Patienten immobil.

Ein "Zuspät" gibt es hier eigentlich nicht; das Ausmaß der Bewegung muss allerdings an die Möglichkeiten der Patienten angepasst werden.

So sollten Patienten mit strukturellen Gefäßschäden in einer Herzsportgruppe trainieren. Und selbst Gehunfähige können mit einer Wii-Konsole vor dem Bildschirm aktiv werden.

Die Termine

Berlin: 26. / 27. April

München: 26. / 27. April

Köln: 3. / 4. Mai

Wiesbaden: 3. / 4. Mai

Mehr Infos gibt es auf: www.praxis-update.com

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