Überblick

Worauf Diabetiker beim Reha-Antrag achten müssen

Für Beschäftigte, die an Typ-2-Diabetes erkrankt sind, kann eine medizinische Reha ratsam sein. Doch welcher der Kostenträger ist zuständig – und was passiert eigentlich während der Reha?

Thomas HommelVon Thomas Hommel Veröffentlicht:
Eine medizinische Reha dauert in der Regel drei Wochen.

Eine medizinische Reha dauert in der Regel drei Wochen.

© Robert Kneschke / stock.adobe.com (Symbolbild mit Fotomodell)

BERLIN. Etwa sieben Millionen Menschen in Deutschland sind derzeit an Diabetes mellitus erkrankt – das Gros von ihnen, etwa 90 Prozent, an einem Typ-2-Diabetes. Dass diesen Patienten grundsätzlich die Möglichkeit offensteht, auf sachkundige Unterstützung in Form einer Reha-Maßnahme zurückzugreifen, wissen viele jedoch nicht.

Darauf hat jetzt die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) hingewiesen und einen Überblick wichtiger Fragen und Antworten rund um die medizinische Rehabilitation bei Typ-2-Diabetes sowie zur entsprechenden Antragstellung veröffentlicht. Die Hinweise sind sowohl für Patienten wie auch für behandelnde Haus- und Fachärzte interessant.

Wann eine Reha angezeigt ist

Bei der Behandlung der Diabetes-Erkrankung stehe die „Hilfe zur Selbsthilfe“ im Mittelpunkt, hebt die DDG hervor. Die Betroffenen sollten dazu befähigt werden, ihre Erkrankung so zu managen, dass ihre Lebensqualität nicht beeinträchtigt sei. „Ist jedoch die Stoffwechseleinstellung auf Dauer unzureichend, sind Erwerbsfähigkeit und Selbstständigkeit des Patienten gefährdet“, warnt Privatdozent Dr. Erhard Siegel von der DDG. Spätestens dann sei eine Reha-Maßnahme in Erwägung zu ziehen.

Zu den drei „harten“ Kriterien, die dringenden Reha-Bedarf begründen, zählen Experten zufolge schlechte Stoffwechseleinstellungen mit erhöhtem HbA1c-Wert, häufige Unterzuckerungen in der Vergangenheit sowie arbeitsplatzbedingte Probleme im Umgang mit der Erkrankung.

Liegen bereits Begleit- oder Folgeerkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems oder diabetesbedingte Schädigungen der Augen, Nerven oder Nieren vor, ist der Bedarf umso höher“, weiß Stephan Ohlf vom Vorstand des Bundesverbandes Klinischer Diabetes-Einrichtungen (BVKD). Hinzu kommen weitere Kriterien, die neben Übergewicht, Bluthochdruck oder Depression auch Lebensstilfaktoren einschließen.

Wer ist zuständig für was?

Darüber hinaus besteht nach einer Akutbehandlung im Krankenhaus die Möglichkeit eines beschleunigten Antragsverfahrens im Rahmen einer sogenannten Anschlussheilbehandlung (AHB). „In diesem Fall muss der Antrag durch das Akutkrankenhaus gestellt werden“, erläutert Ohlf.

Der Verwaltungsleiter der Eleonoren-Klinik der Deutschen Rentenversicherung Hessen fügt hinzu: „Jede akutmedizinische Krankenhausbehandlung, die durch die Diabeteserkrankung erforderlich ist, stellt in sich eine AHB-Indikation dar.“ Im Regelfall beginnt die Maßnahme innerhalb von 14 Tagen nach Entlassung des Patienten aus der stationären Behandlung.

Bei der Beantragung einer Reha-Maßnahme ist der behandelnde Arzt zumeist erster Ansprechpartner des Patienten. „Der Arzt erstellt ein Gutachten, das unter anderem den Bedarf und die Aussichten der Reha begründet“, erläutert DDG-Experte Siegel. Der Arzt könne den Antrag dann an den zuständigen Kostenträger weiterleiten.

Bei Berufstätigen ist die Rentenversicherung zuständig, bei Rentnern ist es die gesetzliche Krankenkasse. Nach Angaben der Deutschen Rentenversicherung Bund wurden allein im vergangenen Jahr knapp über 10.000 medizinische Rehabilitationen für Beschäftigte, die an einem Typ-2-Diabetes erkrankt sind, durchgeführt.

Ziel der von der Rentenversicherung bewilligten Reha-Leistungen sei es, „die erheblich gefährdete oder bereits geminderte Erwerbsfähigkeit ihrer Versicherten wesentlich zu bessern oder wiederherzustellen, zumindest aber eine Verschlechterung abzuwenden“, wie aus einer Broschüre der Deutschen Rentenversicherung Bund hervorgeht.

Die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) wiederum finanziert medizinische Rehabilitationsleistungen, wenn damit eine Behinderung oder Pflegebedürftigkeit „abgewendet, beseitigt, gemindert, abgemildert oder eine Verschlimmerung verhütet werden kann“.

Seit dem Jahr 2014 sind die Ausgaben der Krankenkassen für die medizinische Vorsorge und Rehabilitation weitgehend auf dem gleichen Niveau geblieben – mit leicht steigender Tendenz. Im vergangenen Jahr lagen sie bei rund 3,55 Milliarden Euro, wie aus einem Faktenblatt des GKV-Spitzenverbandes zu entnehmen ist.

Versorgung im Team

Eine medizinische Reha dauert mindestens drei Wochen. Sie kann sowohl stationär als auch ambulant erfolgen. Bei der Klinikwahl für eine stationäre und ambulante Reha könnten Patienten zudem „ihre persönlichen Wünsche einbringen“, erklärt DDG-Experte Siegel.

Ein besonderes Merkmal der medizinischen Rehabilitation sei der fächerübergreifende Therapieansatz, betont Siegel: So erfolge die Behandlung in einem multidisziplinär besetzten Team. Das bedeute konkret: Ärzte, Pflegepersonal, Psychologen, Physiotherapeuten, Diabetesberaterinnen, Diätassistentinnen und Sozialarbeiter arbeiten hier eng zusammen. „In vielen Kliniken können dazu auch noch andere gesundheitliche Probleme etwa an Wirbelsäule, Hüfte oder Knie mitbehandelt werden“, sagt Siegel.

Genügend Zeit für Schulungen

Eine weitere Besonderheit der Reha ist die Intensität der Behandlung. „Eine Reha-Maßnahme gibt genügend Zeit, Patienten auch bei schwierigen Problemlagen ausführlich zu schulen, mit neuen Medikamenten, Techniken oder Lebensstiländerungen vertraut zu machen“, sagt Diabetes-Experte Siegel. Egal, ob Umstellung auf Pumpentherapie, Bewegungstherapie, rasche Gewichtsreduktion, psychologische Betreuung oder Klärung diabetesbedingter beruflicher Probleme – alle diese Aspekte könnten mit qualifizierten Fachleuten nachhaltig bearbeitet werden.

Rehabilitation: An den Kosten beteiligt

Leistungen zur medizinischen Rehabilitation sind sowohl stationär als auch ganztägig ambulant möglich. Sie dauern in der Regel drei Wochen und können je nach Bedarf verkürzt oder verlängert werden.

Kosten für Reise, Unterkunft, Verpflegung, Betreuung, therapeutische Leistungen sowie medizinische Anwendungen trägt, sofern Beschäftigte den Reha-Antrag stellen, der zuständige Rentenversicherungsträger. An den anfallenden Kosten der Reha müssen sich Patienten, wenn Sie vor Ort in einer Reha-Klinik untergebracht werden, beteiligen – höchstens mit zehn Euro pro Tag für längstens 42 Tage im Jahr. Haben Patienten in einem Jahr bereits Reha-Leistungen – auch von der Krankenkasse – beansprucht, werden alle Tage der Zuzahlung berücksichtigt. Die Zuzahlung ist zudem von der Einkommenssituation abhängig.

Arbeitnehmer haben für die Zeit der Reha-Leistung Anspruch auf Gehaltsfortzahlung. Im Allgemeinen beträgt dieser sechs Wochen. Ist der Anspruch wegen gleichartiger Vorerkrankung ganz oder teilweise verbraucht, können Betroffene vom Rentenversicherungsträger Übergangsgeld für die Dauer der medizinischen Rehabilitation erhalten. (eb)

Mehr zum Thema

Staatliche Unabhängigkeit in Gefahr?

Diabetesgesellschaft und AWMF besorgt über ÄZQ-Aus

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Weniger Rezidive

Hustenstiller lindert Agitation bei Alzheimer

Lesetipps
Ulrike Elsner

© Rolf Schulten

Interview

vdek-Chefin Elsner: „Es werden munter weiter Lasten auf die GKV verlagert!“

KBV-Chef Dr. Andreas Gassen forderte am Mittwoch beim Gesundheitskongress des Westens unter anderem, die dringend notwendige Entbudgetierung der niedergelassenen Haus- und Fachärzte müsse von einer „intelligenten“ Gebührenordnung flankiert werden.

© WISO/Schmidt-Dominé

Gesundheitskongress des Westens

KBV-Chef Gassen fordert: Vergütungsreform muss die Patienten einbeziehen