DGIM

Vitamin-Präparate schützen weder Herz noch Kreislauf

Bei nachgewiesenem Vitamin-Mangel sollten Menschen Vitamine und Spurenelemente gemäß der ärztlich empfohlenen Dosis einnehmen, empfehlen Experten. Kapseln und Tabletten vorbeugend zu konsumieren, sei nicht ratsam.

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WIESBADEN. Tabletten und Kapseln mit Vitaminen und Spurenelementen verhindern weder Herzinfarkt noch Schlaganfall. Dies zeigt die bislang umfassendste Meta-Analyse zur vorbeugenden Wirkung von Vitaminen auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen (BMJ 2013; 346: f10).

Die ungezielte Einnahme von Vitaminpräparaten sei deshalb nicht zu empfehlen, rät die Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin e. V. (DGIM). Bei nachgewiesenem Vitamin-Mangel sollten Menschen Vitamine und Spurenelemente gemäß der ärztlich empfohlenen Dosis einnehmen.

Durchblutungsstörungen bis hin zum Herzinfarkt und Schlaganfall sind oft Folge von Schäden, die über viele Jahre an den Blutgefäßen entstanden sind. Zu den Ursachen dieser sogenannten Atherosklerose zählt auch mangelhafte oder falsche Ernährung.

Mitunter fehle es dann an den Vitaminen A, B6, B12, C, D, E, Beta-Caroten oder Selen, wird Professor Ulrich R. Fölsch, Generalsekretär der DGIM aus Kiel, in der Mitteilung zitiert.

Obst und Gemüse senken kardivaskuläres Risiko

"Laborstudien und Tierversuche gaben Anlass zu hoffen, dass diese Nahrungsbestandteile eine Atherosklerose stoppen könnten", erläutert Fölsch.

Denn Forscher haben ausgerechnet, dass der Verzehr von 600 Gramm Obst oder Gemüse am Tag weltweit die Zahl der Herzinfarkte um 31 Prozent und die der Schlaganfälle um 19 Prozent senken würde.

Die meisten Menschen erreichen diese Ernährungsziele nicht. Viele greifen stattdessen zu Vitaminpräparaten aus der Drogerie. "Denn es wäre zunächst zu vermuten, dass auch die regelmäßige Einnahme von Vitaminpräparaten Schäden an den Blutgefäßen verhindern kann", meint Fölsch.

Eine im "British Medical Journal" veröffentlichte Meta-Analyse verschiedener klinischer Studien ergab keinen entsprechenden Nutzen. Koreanische Mediziner haben darin die Ergebnisse wichtiger Therapie-Studien zusammengefasst.

Das Team um Belong Cho von der Universität Seoul wertete die Daten von insgesamt 50 Studien mit fast 300 000 Teilnehmern aus.

Die Annahmen ließen sich nicht bestätigen: In Präparaten zugeführte Vitamine oder sogenannte "antioxidative" Spurenelemente wirken weder bei gesunden Menschen vorbeugend, noch nutzen sie jenen, die bereits einen Herzinfarkt oder einen Schlaganfall erlitten haben.

Dabei spielen die Kombination der Vitamine, Hersteller, Dosis oder Dauer der Einnahme keine Rolle. Einige Studien kamen sogar zu dem Ergebnis, dass die Einnahme bestimmter Vitamine wie Beta-Caroten das Sterberisiko an Herz-Kreislauf-Erkrankungen steigert.

Das Spurenelement Selen steht überdosiert sogar im Verdacht, das Krebsrisiko zu erhöhen.

Experten empfehlen vielfältige Ernährung

"Menschen mit einem nachgewiesenen Vitamin-Mangel, der bei zahlreichen internistischen Erkrankungen vorkommt, sind jedoch dringend auf entsprechende Präparate angewiesen", betont Fölsch.

Die DGIM rät, Vitamine ärztlich dosiert einzunehmen. Defizite an Vitaminen oder Spurenelementen ließen sich durch Labortests verlässlich nachweisen und in den meisten Fällen auch wirksam behandeln.

Die Kapseln und Tabletten vorbeugend zu konsumieren, um sich "etwas Gutes zu tun", sei dagegen nicht ratsam sondern strapaziere unnötig das Portemonnaie. Hier sei stattdessen vielfältige Ernährung empfohlen und Bewegung im Freien.

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