Herzbericht

Der Katheter-Boom hält an

In Deutschland werden immer mehr Katheter zum Herzen geschoben. Auch neuere Verfahren wie die TAVI erfreuen sich immer größerer Beliebheit. Das ist nicht ganz unproblematisch - etwa in Zentren mit nur wenigen Eingriffen.

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Katheterlabor: In Deutschland wird immer mehr geschoben.

Katheterlabor: In Deutschland wird immer mehr geschoben.

© Mathias Ernert

BERLIN. Die Zahl der Herzkatheter-Interventionen an Koronararterien, Herzklappen und Reizleitungssystem steigt in Deutschland weiter an. Nur bei den diagnostischen Koronarangiografien scheint das jahrelange Wachstum gestoppt.

In den 547 Einrichtungen, die in Deutschland Linksherzkatheter anbieten, erfolgten im Jahr 2012 insgesamt 337.000 perkutane Koronarinterventionen (PCI). Das ist eine Zunahme um 2,7 Prozent im Vergleich zum Jahr davor und der höchste Wert in der Geschichte des Deutschen Herzberichts, dessen Ausgabe 2013 am Mittwoch vorgestellt wurde. Anders als in einigen anderen Ländern legt die PCI-Zahl in Deutschland demnach weiter zu.

Ein Beleg für eine Überversorgung sei das aber nicht, betonte Professor Christian Hamm von der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK): "Die Bevölkerung in Deutschland hat einen hohen Anspruch an die herzmedizinische Versorgung. Entscheidend ist, dass wir die Qualität der Eingriffe messbar machen und weiter verbessern."

Auch andere kardiologische Katheterinterventionen sind weiter auf dem Vormarsch. So stieg die Zahl der per Katheter implantierten Aortenklappen (TAVI) von 7231 im Jahr 2011 auf 9341 im Jahr 2012.

Und der Trend hält: "Wir mutmaßen, dass es im Jahr 2013 etwa 12.000 TAVI-Eingriffe waren", sagte Professor Jochen Cremer von der Deutschen Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie (DGTHG).

Noch steiler ist die Zunahme bei den kathetergeführten Ablationen von Herzrhythmusstörungen. Hier stieg die Zahl von 47.797 im Jahr 2011 auf 57.012 im Jahr 2012. Treiber für diese Entwicklung sind vor allem die komplexen linksatrialen Prozeduren, sprich die Ablation von Vorhofflimmern. Aber auch ventrikuläre Tachykardien würden häufiger mittels Ablation behandelt als früher.

An manchen Häusern nur geringe Fallzahlen

Kritisch gesehen wurde von den beteiligten Fachgesellschaften, dass einige komplexe Interventionen in Häusern durchgeführt werden, die nur geringe Fallzahlen aufweisen. Dies gilt beispielsweise, aber nicht nur, für Herzkathetereingriffe bei Kindern. Hier kommen nur 18 von 33 Zentren in Deutschland auf mehr als 200 Eingriffe im Jahr.

In der Kinderherzchirurgie erreichen elf von 24 Einrichtungen, die kardiale Operationen bei Säuglingen mit Herz-Lungen-Maschine anbieten, nicht über 50 Eingriffe.

Hoch erfreulich sei, dass der Trend zu sinkenden Sterbeziffern bei der KHK weiter anhalte, betonte Professor Thomas Meinertz von der Deutschen Herzstiftung, die den Bericht in Zusammenarbeit mit den Fachgesellschaften herausgibt.

2011 starben 150 Frauen und 161 Männer pro 100.000 Menschen an der KHK. Das sind jeweils rund 5 Prozent weniger als im Jahr davor. Es sei davon auszugehen, dass der Rückgang auf eine Kombination aus gesünderer Lebensweise, besserer Diagnostik und effektiverer Therapie zurückgehe, so Meinertz.

Ein kleiner Wermutstropfen ist allerdings, dass die Sterbeziffern beim akuten Myokardinfarkt sich nach wie vor massiv zwischen den östlichen Bundesländern ohne Berlin und den anderen Bundesländern unterscheiden.

Insbesondere Sachsen-Anhalt und Brandenburg liegen zu mehr als 45 Prozent über dem Bundesdurchschnitt. Dies sei sicherlich nicht allein durch unterschiedliches Codier-Verhalten erklärbar, so Meinertz. (gvg)

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