Koronare Herzkrankheit

Weniger Angiografien nötig?

Mit Hilfe funktioneller Bildgebung können in der KHK-Abklärung unnötige invasive Koronarangiografien verhindert werden – im Vergleich zu einem Vorgehen, das in der britischen NICE-Leitlinie empfohlen wird.

Von Dirk Einecke Veröffentlicht:

ROM. Es gibt viele Wege, einen KHK- Verdacht abzuklären, eine Risikostratifizierung des Patienten vorzunehmen und zu entscheiden, ob eine Revaskularisation nötig ist. Häufig eingesetzt wird die myokardiale Perfusions-Szintigrafie. Zunehmend setzt man auf die kardiovaskuläre Magnetresonanztomografie. Vielerorts wird aber noch zu schnell primär invasiv eine Koronarangiografie veranlasst, mit dem Resultat, dass bei vielen Patienten keine nennenswerten koronaren Obstruktionen gefunden werden.

Wie lässt sich die Rate solcher unnötiger Herzkatheter-Untersuchungen reduzieren? Dies herauszufinden war Ziel der sogenannten CE-MARC 2-Studie. Sie verglich drei Strategien bei 1202 Patienten mit KHK-Verdacht: Magnetresonanztomografie, Perfusions-Szintigrafie und ein Vorgehen gemäß britischer NICE-Leitlinie (JAMA 2016 ; 316(10): 1051-1060).

Die Ergebnisse der Studie sind bei der Jahrestagung der European Society of Cardiology (ESC) in Rom vorgestellt worden: Nach 12 Monaten hatten 42,5 Prozent der gemäß NICE-Leitlinie abgeklärten Patienten eine Koronarangiografie, aber nur 17,7 Prozent der Patienten in der MRT-Gruppe und 16,2 Prozent in der Szintigrafie-Gruppe.

MRT gegenüber Leitlinie überlegen

Unnötige Herzkatheter-Untersuchungen bei Patienten ohne KHK gab es bei 28,8 Prozent der Patienten in der Leitlinien-Gruppe, aber nur zu 7,5 Prozent in der MRT-Gruppe und zu 7,1 Prozent in der Szintigrafie-Gruppe. Klinische Komplikationen nach 12 Monaten waren mit 1,7, 2,5 und 2,5 Prozent nicht unterschiedlich. Somit erwies sich das MRT dem Vorgehen gemäß NICE-Leitlinien als überlegen, nicht jedoch der Szintigrafie.

Für deutsche Verhältnisse bringt die Studie jedoch wenig neue Erkenntnisse. Denn die NICE-Leitlinien unterscheiden sich von den bei uns gültigen europäischen Leitlinien deutlich bei der Indikationsstellung des Herzkatheters. Dieser wird in Großbritannien bereits bei einer Vortestwahrscheinlichkeit von 60 Prozent empfohlen.

Die EU-Leitlinien verlangen dafür aber eine 80-prozentige Vortestwahrscheinlichkeit, erläuterte Professor Holger Thiele, Direktor der kardiologischen Universitätsklinik in Lübeck. Dass ein so niedriger Schwellenwert wie in England zu vielen unnötigen Herzkatheteruntersuchungen führt, überrascht nicht wirklich. Spannend wäre ein Vergleich der primären funktionellen Bildgebung mit der in der EU-Leitlinie empfohlenen Vorgehensweise.

7,5% der Patienten ohne KHK in der MRT-Gruppe erhielten unnötige Herzkatheter-Untersuchungen, jedoch 28,8 Prozent der Patienten in der NICE-Leitlinien-Gruppe und 7,1 Prozent in der Szintigrafie-Gruppe.

Mehr zum Thema

In der Sprechstunde

Risikokommunikation fördert kardiovaskuläre Prävention

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Umstellung auf Living Guideline

S3-Leitlinie zu Pankreaskrebs aktualisiert

Lesetipps
Gefangen in der Gedankenspirale: Personen mit Depressionen und übertriebenen Ängsten profitieren von Entropie-steigernden Wirkstoffen wie Psychedelika.

© Jacqueline Weber / stock.adobe.com

Jahrestagung Amerikanische Neurologen

Eine Frage der Entropie: Wie Psychedelika bei Depressionen wirken

Gesundheitsminister Lauterbach hat angekündigt, den Entwurf für die Klinikreform am 8. Mai im Kabinett beraten lassen zu wollen. 

© picture alliance / Geisler-Fotopress

Großes Reformpuzzle

So will Lauterbach den Krankenhaus-Sektor umbauen