Bei Thromboseverdacht sichern Fragen und Sono die Diagnose

MÜNCHEN (wst). Bei Verdacht auf tiefe Beinvenenthrombose (TVT) ist die Kompressions-Sonographie eine zuverlässige Methode zum TVT-Nachweis, aber auch zum Ausschluß. Als bildgebendes Verfahren hat sie die Phlebographie weitgehend abgelöst. Die meisten Thrombose-Patienten können ambulant behandelt werden.

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Diagnostik und Therapie bei tiefer Beinvenenthrombose war eines der Themen beim Münchener Pri-Med-Update. Zu der interaktiven Fortbildungsveranstaltung von Pri-Med - die "Ärzte Zeitung" ist Medienpartner - hatten sich in München etwa 500 Kollegen angemeldet. Neun CME-Punkte konnten sie sammeln.

Bei Symptomen wie einseitiger Beinschwellung, Schmerzen in Leiste, Wade oder Fußsohle, die den Verdacht auf eine tiefe Beinvenenthrombose lenken, reichen Anamnese und körperliche Untersuchung zur Abklärung nicht aus. Darauf wies Professor Rupert Bauersachs von der angiologischen Abteilung des Klinikums Darmstadt hin. Er empfahl einen Fragetest (Wells-Test), um die Thrombose-Wahrscheinlichkeit zu klären. Dabei wird etwa nach Tumoren, Immobilisation oder früheren Thrombosen gefragt. Auch das Alter ist ein Risikofaktor: Die Thromboseinzidenz nimmt ab dem 50. Lebensjahr stark zu.

D-Dimer-Testergebnisse sind nicht immer aussagekräftig

D-Dimer-Tests seien nur bei unauffälligem Befund aussagekräftig, so Bauersachs: Bei negativem Test ist dann eine tiefe Venenthrombose weitgehend ausgeschlossen. Ein positiver D-Dimer-Test ist dagegen zu unspezifisch. Denn die Werte der nachgewiesenen D-Dimere, Spaltprodukte aus quervernetztem Fibrin, steigen im Blut nicht nur bei Thromben, sondern auch nach Operationen, Traumen, Entzündungen oder auch während einer Schwangerschaft.

Eine zuverlässige diagnostische Methode ist die Kompressionssonographie, die heute die Phlebographie als bildgebendes Verfahren der Wahl weitgehend abgelöst hat, sagte Bauersachs. Dabei macht man sich zunutze, daß sich eine gesunde Vene während der Untersuchung mit dem Schallkopf nahezu vollständig komprimieren läßt. Dagegen ist eine solche, auf dem Monitor gut verfolgbare Venenkompression im thrombosierten Bereich nicht oder nur eingeschränkt möglich. Wichtig ist, die gesamte Beinvenenstrecke von der Leiste bis zur Ferse lückenlos mit Kompressions-Sonographie zu untersuchen, betonte der Experte.

Besteht der Verdacht auf eine Beinvenenthrombose, kann aber eine Kompressions-Sonographie oder ersatzweise eine Phlebographie nicht sofort gemacht werden - etwa weil der Patient am späten Freitagnachmittag auf dem Land in die Praxis kommt - soll er so behandelt werden, als habe er eine Thrombose - bis zum Beweis des Gegenteils. Das betonte der niedergelassene Phlebologe Dr. Franz Xaver Breu aus Rottach-Egern.

Betroffene sollten vorzugsweise niedermolekulares Heparin für mindestens fünf Tage erhalten. Parallel sollte eine orale Antikoagulation mit Vitamin K-Antagonisten gestartet werden, die je nach Rezidivrisiko drei Monate bis mehrere Jahre dauern sollte. Ziel ist ein INR-Wert zwischen 2 und 3. Außer Medikamenten ist von Anfang an eine konsequente Kompressionsbehandlung wichtig. Bettruhe ist dann entgegen früherer Ansicht nicht mehr notwendig.

Etwa 95 Prozent seiner Patienten mit akuter Beinvenenthrombose würden ambulant versorgt. Eingewiesen werden müßten nur noch Risikopatienten, etwa bei eingeschränkter Mobilität, Lungenembolie-Verdacht, Schwangerschaft, oder wenn es trotz Antikoagulationstherapie zu einer Thrombose-Zunahme kommt.



STICHWORT

Wells-Fragetest

Beim Wells-Test werden neun Faktoren bewertet: Tumor; Lähmung oder Immobilisation eines Beines; Bettlägrigkeit oder größere Op; Schmerzen des Beines; Schwellung des Beines; Zunahme des Unterschenkelumfangs um mehr als 3 cm; Ödem; oberflächliche Venenzeichnung; positive Anamnese. Pro "Ja" gibt es einen Punkt. Zwei Punkte werden bei wahrscheinlichen Alternativdiagnosen wie Muskelzerrung abgezogen. Bei weniger als zwei Punkten ist eine Thrombose unwahrscheinlich. (wst)

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