Magen-Darm-Infekte

Wie Yersinien im Darm überdauern

Von akut zu chronisch: Mit einem Trick verstecken sich Yersinien vor dem Immunsystem.

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BRAUNSCHWEIG. Jedes Jahr lösen Bakterien der Gattung Yersinia mehrere Tausend Magen-Darminfektionen in Deutschland aus.

Bei einem Teil der Betroffenen stellt sich eine chronische Infektion ein, die langfristig die Ausbildung von Autoimmunerkrankungen fördern kann, erinnert das Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung (HZI).

Forscher des Instituts haben nun aufgedeckt, mit welchem Trick sich die Yersinien vor dem Immunsystem verstecken: Sie drosseln die Produktion eines Giftstoffes, mit dem sie während einer akuten Infektion die Entzündung des befallenen Gewebes anheizen (PLOS Pathogens 2018; online 1. Februar).

So gehe die Entzündung zurück und die Bakterien entzögen sich der Aufmerksamkeit des Immunsystems.

In der akuten Infektionsphase produzieren einige Yersinien den Giftstoff CNFY. Er blockiert in den Wirtszellen die Zellteilung, was wiederum dazu führt, dass die Zellen immer größer werden und von den Yersinien leichter attackiert werden können.

"Ohne CNFY sieht das Immunsystem die Bakterien nicht mehr"

Mittels Transkriptomanalyse haben die Forscher untersucht, welche Gene in den Bakterien und in chronisch infizierten Mäusen aktiv sind und welche nicht. Sie haben herausgefunden, dass die Produktion von CNFY in den persistierenden Yersinien herunterreguliert ist.

"Ohne CNFY sieht das Immunsystem die Bakterien nicht mehr, die Entzündungsreaktion geht zurück und die Mäuse überleben. Mit diesem Trick konnten sich die Yersinien monatelang im Blinddarm der Mäuse verstecken", wird Studienautorin Professor Petra Dersch in der Mitteilung des HZI zitiert.

Außerdem belegten Gewebeanalysen am Mikroskop: In akuten Infektionsphasen bilden die schnell wachsenden Bakterien Mikrokolonien, die für das Immunsystem auffälliger sind. Dagegen kommen die persistierenden Bakterien einzeln vor und sind so noch schwerer zu finden.

Mechanismus noch ein Rätsel

In Zusammenarbeit mit Dr. Till Strowig, Leiter der HZI-Nachwuchsgruppe "Mikrobielle Immunregulation", haben die Wissenschaftler auch nachgewiesen, dass Yersinien sogar die mikrobielle Gemeinschaft im Darm verändern. "Eine Yersinien-Infektion verschiebt die Zusammensetzung der Mikrobiota im Darm deutlich zugunsten entzündungsfördernder Bakterienarten", sagt Dersch.

Ein Zusammenhang zwischen Yersinien-Infektionen und entzündlichen Autoimmunerkrankungen wie reaktiver Arthritis ist bereits lange bekannt, allerdings ist der Mechanismus dahinter noch immer ein Rätsel. "Unsere Transkriptomanalysen haben gezeigt, dass das Immunsystem der chronisch infizierten Mäuse dauerhaft sehr leicht aktiv ist", so Dersch.

"In der Folge könnten Antikörper gegen körpereigenes Gewebe gebildet werden, denn die Oberflächenstrukturen der Zellen ähneln zum Teil denen der Bakterien. Das könnte auch das gehäufte Auftreten von Arthritis bei Yersinia-Patienten erklären." (eb)

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