Kontroverse über Anämie-Behandlung

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GAITHERSBURG (ob). Seit etwa 15 Jahren werden Erythropoese-stimulierende Substanzen (ESA) außer bei renaler Anämie auch bei Krebspatienten therapeutisch genutzt, die im Zusammenhang mit einer Chemotherapie eine Anämie entwickeln. An dieser Therapie hat sich jetzt wegen vermeintlicher Risiken eine lebhafte Diskussion entzündet.

Ergebnisse vieler Studien sowie mehrerer Metaanalysen belegen, dass ESA bei chemotherapeutisch behandelten Krebspatienten mit Anämie den Transfusionsbedarf signifikant verringern und auch die Lebensqualität günstig beeinflussen können. Dem steht eine Zunahme von venösen Thromboembolien gegenüber.

Ergebnisse von acht Studien publiziert oder mitgeteilt

Ende Februar 2008 ist die neueste Studienübersicht zur ESA-Therapie bei Krebspatienten publiziert worden (JAMA 299, 2008, 914). Erstmals wurde die Öffentlichkeit mit dem beunruhigenden Ergebnis konfrontiert, dass diese Therapie mit einer relativ um 10 Prozent höheren Mortalität im Vergleich zu Placebo oder Standardtherapie assoziiert war.

Der Ausschlag in die ungünstige Richtung verdankt sich der Hereinnahme neuer Studien in die aktualisierte Metaanalyse. Innerhalb der letzten fünf Jahre sind Ergebnisse von mittlerweile acht Studien publiziert oder mitgeteilt worden, die alle mehr oder weniger einen nachteiligen Effekt der ESA-Therapie auf Überleben und/oder Tumorprogression dokumentieren.

Behandlungen entsprechen nicht den zugelassenen Indikationen.

Jüngstes Beispiel ist die PREPARE-Studie. An diesem noch laufenden Forschungsprojekt der Arbeitsgemeinschaft Gynäkologische Onkologie (AGO) sind 733 Patientinnen mit Brustkrebs beteiligt. Dabei werden außer zwei präoperativen Chemotherapien auch Darbepoetin alfa und Placebo verglichen. Wie eine Zwischenanalyse nach drei Jahren ergab, waren bis zu diesem Zeitpunkt in der Darbepoetin-Gruppe 14 Prozent und in der Placebogruppe 9,8 Prozent aller Patientinnen gestorben. Auch die Zahl der Teilnehmerinnen mit Tumorprogression war im Vergleich zur Kontrollgruppe höher.

Gemeinsames Kennzeichen aller acht Studien ist aber, dass die geprüften ESATherapien aus dem Rahmen der derzeit zugelassenen Indikationen fallen. So lagen die angestrebten Hämoglobin-Zielwerte in allen Studien zum Teil deutlich über denen, die in den Leitlinien empfohlen werden. Nur an vier der acht Studien waren Tumorpatienten mit Chemotherapie beteiligt.

Am 13. März 2008 hatte die FDA zum dritten Mal den "Berater-Ausschuss Onkologische Arzneimittel" (ODAC, Oncologic Drugs Advisory Committee) nach Gaithersburg zu einer Anhörung einberufen, um von externen Experten möglichst klare Antworten auf Fragen zur ESA-Therapie zu erhalten. Die in vielen ihrer Antworten sichtbar gewordene Uneinigkeit der Experten spiegelt allerdings eher die zurzeit herrschende Unklarheit wider.

Votum für Beibehaltung der zugelassenen Indikationen

Weitgehender Konsens (13 Ja-Stimmen gegen eine Nein-Stimme) bestand unter den Gutachtern immerhin darin, dass die verfügbaren ESA-Präparate für die zugelassenen Indikationen in der Onkologie auch weiterhin zugelassen bleiben sollten. Kein einheitliches Votum gab es dagegen etwa bei der Frage, ob die ESA-Therapie auf spezifische Tumorerkrankungen beschränkt werden sollte. Eine Mehrheit (elf gegen zwei Stimmen) sprach sich jedoch bei in kurativer Absicht vorgenommener Tumorbehandlung (etwa Operation) gegen eine ESA-Therapie aus.

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