Methadon

"Falsche Hoffnungen bei Krebs geweckt"

Die Evidenz zu Methadon als Krebsmittel ist mager. Berichte dazu wecken falsche Hoffnungen, kritisieren deutsche Onkologen.

Veröffentlicht:
Methadon als Therapieoption bei Krebs – viele Patienten sprechen ihre Ärzte darauf an.

Methadon als Therapieoption bei Krebs – viele Patienten sprechen ihre Ärzte darauf an.

© Zerbor / stock.adobe.com

BERLIN. Seit April haben das öffentlich rechtliche Fernsehen (ARD) und andere Publikumsmedien über Methadon als mögliches Krebsmedikament berichtet. Die Beiträge haben zu hohen Erwartungen bei Krebspatienten geführt, berichtet die Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie in einer Mitteilung. Die DGHO hat einen Online-Fragebogen dazu an ihre Mitglieder geschickt: 83 Prozent von 473 Onkologen aus Praxen und Kliniken gaben darin an, dass sie viele Patienten kürzlich auf die Methadon-Therapie angesprochen hätten.

Einige Onkologen betreuten zudem mit Methadon behandelte Patienten. In der Regel sei das Mittel von anderen Ärzten rezeptiert worden. Die hätten hohe Erwartungen gehabt. 77 Prozent der Onkologen erlebten Gespräche mit Patienten darüber als kompliziert, 86 Prozent als emotional. 81 Prozent berichteten von enttäuschten Patienten. Nur zwei Prozent der Onkologen gaben Krankheitsverläufe an, in denen eine direkte oder zusätzliche Wirkung von Methadon auf den Tumor als plausibel erschien. Dagegen gaben 20 Prozent der Ärzte unerwartete oder ausgeprägte Nebenwirkungen von Methadon an.

Die Umfrage belegt, dass positive Erfahrungen mit Methadon sehr selten sind, so die DGHO. Die Gesellschaft kritisiert erneut, dass die vorgelegten Daten zur Wirksamkeit bei Patienten mit Gliomen ausschließlich auf einer unkontrollierten Studie beruhen. Aufgrund der mangelhaften Evidenz sei eine unkritische und undifferenzierte Off-Label-Anwendung von D,L-Methadon bei einer Krebstherapie nicht gerechtfertigt, betont die DGHO in der Mitteilung. Der Leiter des DGHO-Arbeitskreises Palliativmedizin, Privatdozent Dr. Ulrich Schuler vom Uniklinikum Dresden, fordert daher kontrollierte Studien zu Methadon und Krebs.

Der Geschäftsführende Vorsitzender der DGHO, Professor Carsten Bokemeyer vom Uniklinikum Hamburg-Eppendorf, gibt zu bedenken: "Verzweifelte Patienten und ihre Angehörigen greifen nach Methadon als Strohhalm. Sie verbinden damit Hoffnungen, die sich durch die aktuelle Evidenzlage und die Erfahrungen von Onkologen nicht rechtfertigen lassen." (eb)

DGHO-Patienteninformation "Methadon in der Krebstherapie" zum Download bei www.dgho.de (unter "DGHO News"). Dort gibt es auch eine Stellungnahme der Fachgesellschaft.

Jetzt abonnieren
Schlagworte:
Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Sie fragen – Experten antworten

Nach Brustkrebs gegen COVID und Influenza gleichzeitig impfen?

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Sie fragen – Experten antworten

RSV-Impfung: Was empfiehlt die DEGAM für Pflegeheimbewohner?

BAM-Kongress 2025

Brustschmerz in der Hausarztpraxis: Was tun?

„ÄrzteTag“-Podcast

GKV in der Krise – warum ist das Klassenzimmer die Lösung, DAK-Chef Storm und BVKJ-Präsident Hubmann?

Lesetipps
Nahaufnahme wie eine Kind ein orales Medikament einnimmt.

© Ermolaev Alexandr / stock.adobe.com

Häufiges Problem bei Kindern

Nach Medikamentengabe gespuckt – was tun?

Wie das Vorgehen bei einem Makrophagen-Aktivierungssyndroms am besten gelingt, erläuterte Dr. Peter Nigrovic beim Rheumatologen-Kongress EULAR in Barcelona.

© Katja Schäringer

Rheumatologen-Kongress

„Es braucht ein Dorf, um Morbus Still zu verstehen“