Zell-Apherese lindert chronische Darmentzündung über viele Monate

LEIPZIG (grue). Ein in Japan entwickeltes Zell-Apherese-System filtert Leukozyten aus dem Blut. Die neue Therapie ist eine Option bei schwerer chronisch entzündlicher Darmerkrankung (CED).

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Mit dem in Europa als Medizinprodukt CE-zertifiziertem Zell-Apherese-System Adacolumn® wird das Blut von CED-Patienten partiell von aktivierten Granulozyten und Monozyten gereinigt. Die in der Apherese-Säule enthaltenen Zellulose-Perlen binden selektiv weiße Blutkörperchen, die die Entzündungsvorgänge in der Darmschleimhaut von CED-Patienten unterhalten.

Bei niedriger Flußrate und einem Apherese-Volumen von nur 1800 Milliliter werden etwa ein Viertel der Granulozyten und 20 Prozent der Monozyten aus dem Gesamtblut entfernt. Das reicht, um immunmodulierende Effekte anzustoßen und bei einem Teil der CED-Patienten eine Remission zu erzielen. Das hat Professor Wolfgang Kruis aus Köln bei einer Veranstaltung von Otsuka beim Gastroenterologen-Kongreß in Leipzig gesagt.

Die Zell-Apherese dauert nur eine Stunde und erfordert keinen Shunt. Sie wird meist fünfmal im Abstand von jeweils einer Woche gemacht. "Wir haben damit gute Langzeiterfolge, zum Beispiel bei Patienten mit chronisch aktiver, steroidabhängiger Colitis ulcerosa", sagte Kruis. In einer offenen europäischen Multicenter-Studie mit 37 Colitis-ulcerosa-Patienten kamen 40 Prozent von ihnen mit Apherese-Therapie innerhalb von sechs Wochen in Remission. Die Remissionsrate besserte sich noch in den nächsten Monaten, meist ohne weitere Apheresen. "Bei 85 Prozent der Patienten gab es günstige Langzeiteffekte für mindestens ein Jahr."

Auch bei schwerem aktivem Morbus Crohn ist die Granulozyten-Apherese offenbar wirksam. Das hat eine offene deutsche Pilotstudie mit 20 Patienten ergeben, von denen sieben nach Apherese in eine stabile Remission gekommen sind. In der Studie wurde ein intensiviertes Apherese-Schema mit neun ambulanten Behandlungen in sechs Wochen geprüft.

Die Therapie wirkte ab der dritten Woche, sagte Professor Jörg Emmrich aus Rostock. Welche Patienten auf die Behandlung ansprechen, lasse sich leider kaum vorhersagen. Es sind vermutlich solche mit mäßig erhöhtem CRP-Spiegel, für die aber Steroide und Immunsuppressiva nicht ausreichen.

Das Zell-Apherese-System steht an mehreren Kliniken in Deutschland zur Verfügung. Behandlungen damit sind nicht generell erstattungsfähig. Weitere Informationen sind erhältlich über Frau K. Nespithal, Otsuka Pharma GmbH oder unter der Telefonnummer 0 69 / 17 00 86-29.

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