Werden Risiken klassischer NSAR unterschätzt?

FRANKFURT AM MAIN (ner). Auch junge Menschen können tödliche gastrointestinale Komplikationen nach Einnahme nichtsteroidaler Antirheumatika (NSAR) erleiden. Die Zahl solcher Komplikationen bei unter 60-Jährigen werde aber vermutlich unterschätzt, meint der Rechtsmediziner Professor Michael Tsokos von der Charité Berlin.

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Er verweist auf 1139 Obduktionen am Institut für Rechtsmedizin der Charité, bei denen nach tödlichen Ulkus-Komplikationen gesucht und NSAR-Spiegel bestimmt worden waren. In zwölf Fällen waren Magen- oder Duodenalulzera die Todesursache, so Tsokos beim Schmerztag in Frankfurt am Main. Sie waren bei sieben Personen auf die Einnahme von traditionellen NSAR zurückzuführen.

Aufgefallen war den Rechtsmedizinern dabei das mit 43 bis 60 Jahren niedrige Durchschnittsalter der Gestorbenen. Weitere Risiken wie eine Helicobacter-pylori-Besiedlung, die Einnahme von Steroiden oder oralen Antikoagulantien hatten sie ausgeschlossen. Allerdings war nicht bekannt, wie lange und in welchen Dosierungen die Gestorbenen NSAR eingenommen hatten.

Der Rechtsmediziner nimmt an, dass Personen unter 60 Jahren mit letalen Komplikationen bei NSAR-Therapie in der Todesursachenstatistik unterrepräsentiert sind. Tsokos weist auf internationale Studien hin, wonach 65 Prozent aller Ulkus-Erkrankungen durch NSAR ausgelöst würden. In Deutschland geht man nach Tsokos’ Angaben von 1500 bis 3000 NSAR-bedingten Todesfällen pro Jahr aus.

Schmerztherapeuten empfehlen zumindest bei Risikofaktoren für gastrointestinale Komplikationen die Therapie mit einem Coxib wie Celecoxib (Celebrex®), hieß es bei dem vom Unternehmen Pfizer unterstützten Symposium. Diese Risikofaktoren sind Alter über 60 Jahre, Ulkusanamnese, hohe NSAR-Dosen, Kombination mit Steroiden oder Acetylsalicylsäure oder orale Antikoagulation.

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