Neue Empfehlungen zu Migräne-Prophylaxe

FRANKFURT AM MAIN (mar). Bei Migränepatienten wird oft zu spät an eine Prophylaxe gedacht, so die Erfahrungen von Professor Gunther Haag aus Königsfeld. Dabei gibt es medikamentöse und nicht-medikamentöse Maßnahmen, mit denen Häufigkeit, Schwere und Dauer der Migräneattacken deutlich reduziert werden können.

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Durch eine Prophylaxe wird zudem die Gefahr gebannt, daß es zu einem Medikamenten-induzierten Kopfschmerz kommt. Dieser kann sich bei zu häufiger Einnahme von Analgetika und auch Triptanen entwickeln.

Bei Medikamenten-induzierten Kopfschmerzen helfe zunächst nur eine Entzugstherapie, so Haag beim Deutschen Schmerztag in Frankfurt. Nach erfolgreichem Entzug könne dann mit einer Migräne-Prophylaxe begonnen werden.

Zu den Migräne-Prophylaktika der ersten Wahl gehören nach den neuen, erstmals gemeinsam erstellten Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) und der Deutschen Migräne- und Kopfschmerz-Gesellschaft (DMKG) Metoprolol, Propranolol, Flunarizin, Valproinsäure (off-label use), und erstmals auch Topiramat.

Die Wirksamkeit von Topiramat (Topamax® Migräne) ist in drei Placebo-kontrollierten Studien über jeweils sechs Monate bei mehr als 1500 Migräne-Patienten nachgewiesen worden, wie Privatdozent Dr. Volker Limmroth aus Köln bei dem vom Unternehmen Janssen-Cilag unterstützten Symposium berichtet hat. Bei einer durchschnittlichen Dosis von 100 mg konnte die Attackenhäufigkeit bei jedem zweiten Patienten mindestens halbiert werden.

Die Wirkung von Topiramat setze rasch ein; eine Besserung der Migräne sei bereits nach einem Monat feststellbar. Häufige Begleitwirkungen seien Parästhesien an den Extremitäten und Müdigkeit, beide seien jedoch bei den meisten Patienten im Laufe der Zeit abgeklungen. Die Ausprägung der Parästhesien lassen sich durch eine orale Kaliumsubstitution, etwa durch vermehrten Verzehr von Bananen oder Nüssen, vermindern, sagte Limmroth. Wegen der Müdigkeit empfiehlt der Neurologe, Topiramat abends einzunehmen.

Außerdem sollte die Therapie mit niedrigen Dosierungen (12,5 bis 25 mg) begonnen werden. Die Dosis wird dann langsam in Abständen von einer Woche auf die übliche Dosis von 100 mg pro Tag erhöht.

Generell sollte eine medikamentöse Prophylaxe immer auch durch nicht-medikamentöse Verfahren wie progressive Muskelrelaxation, Verhaltenstherapie, Physiotherapie oder Akupunktur und Ausdauersport ergänzt werden. Wichtig sei, die Patienten vor Beginn der Prophylaxe darauf hinzuweisen, daß sich damit Zahl und Schwere von Migräne-Attacken reduzieren ließen, eine Heilung aber nicht zu erwarten sei, betonte Haag. So könne falschen Erwartungen und damit einer mangelnden Akzeptanz der Prophylaxe vorgebeugt werden.



STICHWORT

Medikamentöse Migräne-Prophylaxe

Eine medikamentöse Migräne-Prophylaxe ist nach der Leitlinie Migräne der DGN / DMKG indiziert bei

  • drei und mehr Migräne-Attacken pro Monat,
  • Zunahme der Attackenfrequenz, die die Therapie mit Medikamenten an mehr als zehn Tagen pro Monat erforderlich macht,
  • Attacken, die regelmäßig länger als 72 Stunden anhalten,
  • Patienten, bei denen die Akuttherapie nicht ausreichend wirksam ist oder bei denen unerwünschte Effekte der Therapie nicht toleriert werden können,
  • komplizierten Attacken mit lang anhaltender Aura. (mar)
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