Ärzte waren zu allen Zeiten Autoritäten und Schrittmacher der Fitnessbewegung

Angela MisslbeckVon Angela Misslbeck Veröffentlicht:

Fitness - der Begriff gehört zu den aktuellen Schlagworten im Zuge verstärkter Präventionsbemühungen. Fitness verspricht Gesundheit und Schönheit. Sie läßt sogar Glückserwartungen sprießen.

Doch diese Versprechen sind keineswegs neu. Eine Kulturgeschichte der Fitnessbewegung zeichnet jetzt die Ausstellung "Fitness - Schönheit kommt von außen" nach, die noch bis zum 6. März 2005 im Berliner Medizinhistorischen Museum der Charité zu sehen ist.

Schon immer standen sie an der Spitze: Ärzte sind nicht wegzudenken aus der Geschichte der Körperertüchtigung zur Gesunderhaltung. "Ärzte mußten immer als Autoritäten der Bewegung herhalten", sagt einer der beiden Ausstellungsmacher, der Schweizer Andreas Schwab.

Heute ist dies beispielsweise der durch seine Ratgeber bekannt gewordene "Fitness-Papst" Ulrich Strunz. Anfang des 20. Jahrhunderts war der Arzt Karl Frieß maßgeblich daran beteiligt, der Fitnessbewegung Popularität zu verschaffen. Damals ging es nicht allein um Sport. Die Kombination mit Frischluft war wichtig. In seinem Ratgeber "Quell der Lebenskraft" beschreibt Frieß zum Beispiel den Umgang mit Turngeräten: "Man kann zu den Freiübungen auch Stäbe und Hanteln benutzen. Kompliziertere Apparate wie Ruderapparate sind wohl nur in Heilanstalten in Gebrauch", so Frieß.

Dort also kommen sie her, die modernen "Foltergeräte", an denen sich heutzutage Tausende in Fitness-Studios für ihre Gesundheit oder Schönheit quälen. "Die Geräte, die heute sportlich genutzt werden, waren ursprünglich medizinische Geräte", erläutert Ausstellungsmacher Andreas Schwab.

Mehrere dieser historischen Maschinen, darunter den von Frieß angesprochenen Ruderapparat, hat das Berliner Sportmuseum der Ausstellung zur Verfügung gestellt. Auch die Funktionsweise eines Fahrrad-Ergometers von 1960 aus der Sammlung der Charité kann studiert werden. Die Ähnlichkeit mit einem Heimtrainer ist nicht zu übersehen. Dennoch stand das Gerät zu seiner Zeit in Arztpraxen und Kliniken. Es diente "für die kontrollierte und meßbare Belastung von Patienten zwecks Prüfung der Herz-Kreislauf-Funktion", so die Erläuterung auf dem Begleitschild in der Ausstellung.

Die modernen Gegenstücke stehen ebenfalls bereit. In einem großen Raum hat das Museum viele Fitnessgeräte, wie sie sonst nur in Studios zu finden sind, zum Ausprobieren versammelt. Lebensgroße Bilder von Menschen in Badebekleidung zieren die Wände. "Diese Ganzkörperbilder zeigen keine geschönten Modells wie die Werbung. Sie zeigen Menschen wie dich und mich, die sich in ihrem Körper wohl fühlen, auch wenn es nicht der perfekte Körper ist", sagt der zweite Ausstellungsmacher Ronni Trachsel.

Gemeinsam mit Schwab hat Trachsel die Geschichte der Fitness-Bewegung von ihren Anfängen in der Hygienebewegung des frühen 20. Jahrhunderts bis heute nachgezeichnet. Im Mittelpunkt des geschichtlichen Abrisses steht die Veränderung der idealen Körperbilder.

Die historische Perspektive wird ergänzt um ganz persönliche Glückserwartungen von fünf begeisterten Sportlern, darunter auch Ulrich Strunz. In Tonband-Aufzeichnungen verraten sie den Besuchern der Ausstellung, warum sie Sport treiben.

Und wer nicht länger vor Ausstellungsstücken stillstehen kann, darf sich an modernen Fitnessgeräten austoben. Alles in allem eine bunte, lebendige Ausstellung.

Die Ausstellung "Fitness - Schönheit kommt von außen" ist bis zum 6. März 2005 im Berliner Medizinhistorischen Museum der Charité, Schumannstraße 20/21, 10117 Berlin, zu sehen. Weitere Informationen finden Sie im Internet unter www.bmm.charite.de

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