Sonnenstrahlen für Timoschenko

Im Fall Timoschenko gibt es einen Funken Hoffnung: Der Gesundheitszustand der ukrainischen Oppositionspolitikerin hat sich offenbar etwas gebessert. Skeptisch sind ihre deutschen Ärzte um Professor Einhäupl allerdings, was die vollständige Heilung angeht.

Angela MisslbeckVon Angela Misslbeck Veröffentlicht:
Charité-Chef Einhäupl: Haftverschonung für Timoschenko ist ein erforderlicher Schritt.

Charité-Chef Einhäupl: Haftverschonung für Timoschenko ist ein erforderlicher Schritt.

© Wolfgang Kumm / dpa

BERLIN. Mit der Gesundheit der früheren Regierungschefin der Ukraine Julia Timoschenko geht es langsam aufwärts. Das hat der Chef der Berliner Uniklinik Charité, Professor Karl Max Einhäupl, am Dienstag in Berlin mitgeteilt.

Timoschenko könne rund zwei Stunden pro Tag mobil sein und habe weniger Schmerzen. Seit Samstag ist der Charité-Neurologe Professor Lutz Harms wieder in Charkow.

Vier Mediziner von Deutschlands größter Uniklinik behandeln die prominente Patientin. Außer den Neurologen Einhäupl und Harms sind das die Reha-Medizinerin Dr. Annett Reißhauer und von Anfang an auch der Chirurg Professor Norbert Haas.

Ein großes Manko der gegenwärtigen Behandlungssituation ist laut Einhäupl, dass die deutschen Ärzte nicht interdisziplinär gleichzeitig vor Ort behandeln können, sondern sich abwechseln müssen.

"Das Hauptproblem ist das Misstrauen, das Frau Timoschenko gegenüber den Ärzten des Landes hat, vor allem wenn sie im öffentlichen Dienst tätig sind", sagte Einhäupl. Das sei aus ärztlicher Sicht sehr gut nachvollziehbar.

Die Patientin lasse sich nach wie vor kein Blut abnehmen. Ein weiteres Problem sei die permanente Überwachung. Darin sieht der Charité-Chef ein "besonderes Hindernis für vertrauensvolle Gespräche, die bei Schmerzerkrankungen nötig sind".

Auch eine psychosomatische Therapie werde dadurch deutlich erschwert. Als problematisch für die Behandlung, wenngleich nachvollziehbar, betrachtet Einhäupl Timoschenkos Furcht vor Indiskretion, zum Beispiel beim Entkleiden für Untersuchungen.

Verlegung empfohlen

Das Fazit des Charité-Mediziners: "Es ist letztlich nicht abzusehen, ob wir unter diesen Bedingungen eine Heilung wirklich herstellen können."

Er forderte Haftverschonung für Timoschenko und äußerte Bedauern, "dass dieser humanitär erforderliche Schritt bisher nicht erfolgt ist".

Die Charité-Ärzte unterstützen Timoschenkos Wunsch, in ein Krankenhaus nach Kiew verlegt oder unter Hausarrest gestellt zu werden.

"Wir brauchen eine vertrauensvolle Atmosphäre, wir brauchen eine interdisziplinäre Therapie und wir brauchen eine Situation für eine Patientin, die sehr viel Misstrauen gegenüber Ärzten entwickelt hat", sagte Einhäupl.

Er verwies in diesem Zusammenhang auch auf andere erkrankte Gefangene in der Ukraine, und nannte beispielhaft den Innenminister der Timoschenko-Regierung Juri Luzenko, der an einer Lebererkrankung leiden soll.

"Selbstverständlich wäre auch für diese Gefangenen eine entsprechende Vorsorge zu treffen", sagte Einhäupl.

Eine kleine Verbesserung der Bedingungen haben die Charité-Ärzte bereits erreicht: Timoschenko darf nun täglich eine Viertelstunde Sonnenlicht am Fenster des Behandlungsraums tanken. Die Fenster im Krankenzimmer sind nach den Angaben der Ärzte verklebt.

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