Gesellschaft

Die Großstadt und der unbemerkte Tod

Menschen liegen jahrelang tot in ihrer Wohnung – und keiner hat es bemerkt. Wie kann das passieren?

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BERLIN. Zehn Jahre lang lag ein Berliner Rentner in seiner Tiefkühltruhe – und niemand hat ihn vermisst. Vor 16 Jahren verschwand eine betagte Frau von der Bildfläche, und kein Nachbar fragte nach. Nur die Renten der beiden hat jemand abgezweigt. Es sind zwei krasse Geschichten aus der Hauptstadt, die im Januar nach und nach bekannt werden. Sie werfen die Frage auf, ob ältere Menschen zunehmend vereinsamen – und die Gesellschaft sich nicht genügend kümmert.

Nach Erhebungen des Deutschen Zentrums für Altersfragen (DZA) gibt es aber keine Hinweise auf eine zunehmende Vereinsamung von Senioren seit Mitte der 90er Jahre. Eine mögliche Erklärung der Forscher: Die Zahl der sozialen Kontakte verringert sich zwar mit dem Alter, bestehende Beziehungen verbessern sich aber. 40- bis 85-Jährige fühlten sich nach Befragungen selten einsam oder gesellschaftlich ausgeschlossen.

Doch die Forscher haben auch herausgefunden, dass Einsamkeit häufiger Arme und gering Gebildete trifft. Die Gruppe der Menschen über 85 hatten sie allerdings nicht im Blick. Dabei wächst diese rasant. Nach Zahlen des Statistischen Bundesamts gab es in Deutschland 1990 rund 854.000 Senioren zwischen 85 und 90 Jahren - 2015 waren es bereits 1,5 Millionen. Die Gruppe der Hochbetagten über 90 stieg in dieser Zeit von rund 275.000 auf 718.000.

Bei der Deutschen Rentenversicherung sieht Sprecher Dirk von der Heide den einsamen Tod als Ausnahme. "Es ist sehr selten, dass Menschen jahrelang tot in ihrer Wohnung liegen und wir in dieser Zeit Rente zahlen", sagt er. Die Behörde erfahre in der Regel von Standesämtern oder Meldebehörden von Todesfällen. Wenn die Rentenanpassungsmitteilungen als unzustellbar zurückkämen, hake die Versicherung nach. "Es gehört erhebliche kriminelle Energie dazu, eine Leiche verschwinden zu lassen, um an deren Rente zu gelangen." (dpa)

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