NRW-Minister Laumann erntet Lob und Tadel

Wenn am 9. Mai in Nordrhein-Westfalen gewählt wird, dann steht auch die Gesundheitspolitik auf dem Prüfstand. Ressortchef Karl-Josef Laumann hat die Klinikfinanzierung umgekrempelt, setzt in anderen Bereichen aber auf Kontinuität. Für seine Arbeit erhält er von Ärzte- und Kassenvertretern gemischte Noten.

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Minister mit Ostereiern: Laumann setzt auf CDU-Wahlsieg. © picture alliance / dpa

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Von Ilse Schlingensiepen

KÖLN. Als die schwarz-gelbe Landesregierung im Frühjahr 2005 das Ruder von Rot-Grün übernahm, erhielt das nordrhein-westfälische Gesundheitsministerium nicht nur eine neue Spitze, es änderte auch Zuschnitt und Namen. Während Birgit Fischer (SPD) dem Ministerium für "Gesundheit, Soziales, Frauen und Familie" vorstand, führt ihr Nachfolger Karl-Josef Laumann (CDU) das "Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales".

Dem Gesundheitswesen des bevölkerungsreichsten Bundeslandes haben Laumann und seine Mitarbeiter vor allem mit einem Projekt ihren Stempel aufgedrückt: dem Krankenhausgestaltungsgesetz. Es regelt die Umstellung der Investitionsfinanzierung von der Einzelförderung auf leistungsorientierte Pauschalen.

"Das neue System ist transparenter und gerechter, es gewährt den Trägern mehr unternehmerische Freiheit und baut Bürokratie ab", charakterisiert Laumann das Prestigeprojekt. Während er sich bei Kliniken von der rot-grünen Gesundheitspolitik abgrenzt, schreibt der Minister in vielen anderen Versorgungsbereichen Entwicklungen fort.

Kammern wurden erstmals an Klinikplanung beteiligt

Das gilt für die flächendeckende Etablierung von Brustzentren genauso wie für das Rahmenprogramm zur ambulanten palliativmedizinischen und palliativpflegerischen Versorgung und die Landesgesundheitskonferenzen. "Wir begrüßen, dass Minister Laumann die Kontinuität gewahrt hat", sagt Bernhard Brautmeier, Vorstand der KV Nordrhein.

Gleichzeitig habe Laumann weitere Themen in den Fokus gerückt wie die Gesundheit von alten Menschen und die Kindergesundheit sowie die Förderung der Organspende. Das Ministerium beziehe ärztliche Organisationen ein, berichtet Brautmeier. "Wir sind bei vielen Projekten mit im Boot."

Die Landesregierung hat die Ärztekammern erstmals direkt an der Landeskrankenhausplanung beteiligt, lobt Dr. Theodor Windhorst, Präsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe. "Das ist nicht in vielen Bundesländern der Fall." Die Zusammenarbeit zwischen dem Ministerium und der ärztlichen Selbstverwaltung könnte aber sowohl bei der Krankenhausplanung als auch in anderen Bereichen noch besser sein, sagt Windhorst. "Wir haben eine Menge Sachverstand und Kompetenz, die nicht genügend genutzt werden."

Position bei Delegation von Leistungen ist nicht klar

Ein zentrales Projekt der Landesregierung ist der Gesundheitscampus Nordrhein-Westfalen in Bochum, in dem die Kompetenzen in Medizin und Gesundheitswirtschaft gebündelt werden sollen. Im Herbst soll dort eine Fachhochschule für Gesundheitsberufe mit 1000 Studienplätzen für nicht-ärztliche Berufe den Betrieb aufnehmen. Auch dort hätte sich Windhorst einen stärkeren Austausch gewünscht. "Es geht um Fragen der Delegation oder Substitution ärztlicher Leistung. Die Positionierung des Ministeriums ist nicht klar."

Im Sommer 2009 hat das NRW-Kabinett ein Aktionsprogramm zur Stärkung der hausärztlichen Medizin und Versorgung verabschiedet. Ziel ist es, Nachwuchs für den Beruf des Hausarztes zu begeistern und die Niederlassung auf dem Land zu erleichtern. "Die Maßnahmen zur Förderung der Allgemeinmedizin mit finanzieller Stützung von Arztsitzen in unterversorgten Gebieten und die Etablierung von Stiftungslehrstühlen sind ein Schritt in die richtige Richtung", sagt der Vorsitzende der KV Westfalen-Lippe Dr. Ulrich Thamer.

Viel Lob erhält Laumann von der Ärzteschaft für seinen Kampf gegen die Benachteiligung der nordrhein-westfälischen Niedergelassenen bei der Honorarreform. Die Freude der KVen hat der Minister mit seinem Lob des Hausarztvertrags der Techniker Krankenkasse und des Hausärzteverbands aber schnell wieder getrübt. "Minister Laumann setzt sich verbal für die Stärkung der Selbstverwaltung und die flächendeckende wohnortnahe Versorgung ein. Im konkreten Handeln fördert er aber Selektivverträge", kritisiert Thamer. Die Förderung der hausärztlichen Tätigkeit sei grundsätzlich richtig, sagt der Vorstandsvorsitzende der AOK Rheinland/Hamburg Wilfried Jacobs. "Der vehemente Einsatz des Gesundheitsministers für die Hausärzte ist uns aber nicht verständlich", sagt er. "Würden ihre Forderungen im Schiedsverfahren erfüllt, würde das zu Zusatzbeiträgen fast aller Kassen führen."

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