Der Standpunkt
Geheime Kassenlage
Der Autor ist stellv. Chefredakteur und Ressortleiter Gesundheitspolitik der Ärzte Zeitung. Schreiben Sie ihm: helmut.laschet@springer.com
"Ich freu' mich über jede Kasse, die kaputt geht" - dieser unverblümte Satz stammt von der ehemaligen Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt vor der Einführung des Gesundheitsfonds. 50 Kassen seien ausreichend, derzeit gibt es immer noch dreimal so viele.
Eines ist aber inzwischen Realität: Die City BKK hat eine richtige Pleite hingelegt - die Kasse war so marode, dass sie auch durch eine Fusion nicht mehr zu retten war. Jetzt ist die Aufregung groß, weil immer noch Zehntausende von Versicherten innerhalb weniger Wochen eine neue Krankenversicherung brauchen.
Ursache ist eine persistierende Weigerung des Gesetzgebers, gesetzlich Krankenversicherte, möglicherweise aber auch Leistungserbringer, vor Krankenkassen zu schützen, die langsam, aber sicher in die Pleite rutschen. Ein solcher Prozess kann sich über Jahre hinweg ziehen, wie das Beispiel City BKK zeigt.
Anders als alle anderen Sozialversicherungen - Rente, Bundesanstalt für Arbeit und Pflege - ist die GKV kein Einheitsbetrieb, sondern ein pluralistisches System aus Einzelkassen. Der Webfehler liegt in mangelnder Transparenz. Keinem einzigen Versicherten nützt es, wenn das Bundesgesundheitsministerium quartalsmäßig über die Kassenlage der GKV berichtet.
Überschüsse und Defizite sind aggregierte und saldierte Globalgrößen, die nichts über die Liquidität und Leistungsfähigkeit einer einzelnen Kasse aussagen. Ob und wie diese die Öffentlichkeit und ihre Versicherten informieren, ist in ihr Belieben gestellt. Erfolgskassen wie die TK vermelden aktuell etliche hundert Millionen Euro Überschüsse - das lässt vermuten, wie düster es bei anderen Kassen aussehen muss. Die aber schweigen.
Es stünde der Wettbewerbspartei FDP gut an, die einzelnen Kassen auf Transparenz zu verpflichten - so wie dies auch für börsennotierte Unternehmen gilt. Die Geheimhaltungspraxis der föderal zersplitterten Aufsichten behindert den Wettbewerb und setzt auch die Funktionstüchtigkeit des Zusatzbeitrags außer Kraft. Denn wer weiß, wann die nächste Kasse diesen Beitrag erhebt?